24 Dezember 2010

Antizyklische Weihnachtsgedanken

Alle Welt hat sich akribisch auf Weihnachten vorbereitet. Ich habe die Vorweihnachtszeit genossen, habe Innenstadt, Weihnachtsmarkt und Geschäfte gemieden und mir stattdessen ein paar Kerzen angezündet.
Die Weihnachtsbeleuchtung im Heimatdorf fand ich schön und bin gern die vorgeschriebenen 30 km/h gefahren, um jedes Licht hinreichend würdigen zu können.

Heute ist Heiligabend. Wahrscheinlich haben viele Menschen während der letzten Wochen auf diesen Tag hin gearbeitet und hoffen, jetzt endlich Ruhe zu haben. Stattdessen stehen sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendwo im Stau, warten auf ein Flugzeug, das am Boden festgefroren ist oder einen Zug, der sehr, sehr viel Verspätung hat. Und trotzdem: Die Straßen sind relativ leer, man sucht die Familie auf oder bleibt bei ihr.

Ich war heute nachmittag trainieren; schön leer war es, und ich musste vor keinem Gerät Schlange stehen. Dann über die zugeschneite Autobahn nach Hause, irgendwie einen Platz gesucht zwischen all den Schneebergen. Jetzt Kerzen, George Michael und Rother Bräu.
Weihnachtlich ist mir nicht.
Aber ich konnte die leeren Straßen genießen und die noch leerere Muskelbude. Ich genieße, dass ich morgen nicht arbeiten muss und ein leckeres Gulasch mit Bohnen und Knödeln zum Mittagessen bekomme, zusammen mit einem netten Geplauder.

Oder anders: Ich genieße es, keine zwei Familien zu haben, zwischen denen ich hin und her hetzen muss, keine Kinder, denen ich Dinge schenken müsste statt Zeit.

Ich genieße es, dass ich mir selbst ein paar wunderschöne Bücher kaufen durfte, die von mir in den nächsten Tagen gelesen werden wollen.
Ich genieße die Ruhe dieser Tage; der Schnee macht die Welt langsamer und noch viel ruhiger, und sie kann nicht anders, weil sie es nicht gewohnt ist.
Ich genieße meine eigenen Gedanken, die fließen dürfen, weil sie sich um nichts und niemand kümmern müssen.

Ich bin. Und ich habe mir erlaubt, für ein paar Tage einfach nur zu sein.

Ich mag Weihnachten.

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