Und zwar brüllen sie erst nacheinander, um sich dann irgendwie zu einem allgemeinen Konzert zu verabreden. Das machen sie jeden Morgen. Heute morgen hatte ich nichts vor, war früh wach, fand aber, dass es sich im Bett recht gut aushalten lässt.
Das findet wahrscheinlich nahezu jede und jeder. Wenn frau aber für eine lange Zeit eine Art präsenile Bettflucht betrieben hat, weil die alten Knochen nur in Bewegung schmerzfrei funktionierten, ist morgendliches Liegenbleiben ein echtes Geschenk.
Ich habe ja keine Ahnung von Ornithologie, daher kann ich auch nicht sagen, welcher Vogel wann loslegt. Den mitteilungsbedürftigen Minihahn der Nachbarn konnte ich identifizieren und das nervige Taubenpärchen von gegenüber.
Und während ich so im Bett lag und den gefiederten Freunden zuhörte, dachte es in mir: "Warum höre ich die blöden Viecher eigentlich nicht im Winter? Klar, eine Menge sind im Süden, aber warum gibt der Rest keinen Ton von sich? Gut, im Winter lasse ich das Fenster nicht so lange auf. Aber irgendwie müssten die sich doch trotzdem bemerkbar machen... Naja, jedenfalls ist dieses Gezwitscher ein schönes Zeichen für Sommer. Als ich noch jung war, hat es mich eher ins Bett hinein begleitet statt mich zu wecken. Dazu hätte ich ja jetzt gar keine Lust, allein die Vorstellung, ich müsste mich aufbrezeln, irgendwie bis 23.30 Uhr wachbleiben, um dann erst loszufahren, weil in einer Studentenstadt ja vorher niemand losgeht! Da bin ich doch schon sieben Mal eingeschlafen! Nein, dann doch lieber früh ins Bett und morgens den Vögeln zuhören. Beim Aufstehen. Was mache ich denn heute? Ist ja Sonntag, ich habe Urlaub, das Wetter soll schön werden... Vielleicht gleich ein bisschen Yoga? Och nö, erst Milchkaffee. Dann Laufen, also irgendwann später. Vielleicht vorher ein bisschen an "Frauen denken..." schreiben. Boah, soviel Tag heute - was mache ich bloß alles damit? Skaten will ich auch. Und ich könnte mit dem Fahrrad in die Muskelbude fahren. Irgendwie ist Natur ja für mich eher ein Outdoorfitnessclub. Hmpf. Egal. Ich muss ja nicht bei jedem blöden Busch in Begeisterung ausbrechen. Wo kommt denn jetzt diese Wespe her? Mist, wenn ich jetzt einen Kerl hätte, könnte ich nach Kaffee brüllen. Andererseits - um diese Uhrzeit macht mir garantiert niemand Kaffee. Außerdem hätte ich gar keinen Platz in meiner Wohnung. Und nur wegen des Kaffeekochens dieses ganze, alberne Kennenlerngedöns über mich ergehen zu lassen, irgendwann auf einen vermeintlichen Märchenprinzersatz zu stoßen, nach Jahren der Hoffnung festzustellen, dass er mir eben keinen Kaffee kocht, sondern ich sinnlos neben ihm herumliege, ihm möglicherweise noch beim Schnarchen zuhören muss und wertvolle Lebenszeit damit verschwende, darauf zu warten, dass er irgendwann wach wird, mir dann eine Absage einfange, weil er eine faule, morgenmuffelige Sau ist, nicht einmal später (nachdem ich ihm einen Kaffee ans Bett gebracht habe) mit mir laufen oder trainieren oder wandern oder brunchen will, wahrscheinlich sowieso keine Idee hat, was man alles Nettes tun kann an einem Sonntagmorgen, sondern sich herumgammelnderweise vom Bett auf die Couch schleppt. Und statt eines stattlichen Rappen steht ein Skoda Fabia vor der Tür. Nee, das braucht kein Mensch! Bin ich froh, dass ich Single bin! Ob das hysterische Huhn von nebenan wohl gerade ein Ei gelegt hat?"
Für diese Gedanken habe ich ein paar Sekunden gebraucht. Wussten Sie übrigens, dass wir Menschen ungefähr 60.000 Gedanken jeden Tag denken? Und dass ca. 80% immer dieselben sind? Seit ich das weiß, höre ich mir öfter mal beim Denken zu. Und frage mich, ob Angela Merkel oder Josef Ackermann auch so einen Blödsinn denken.
Guten Morgen allerseits!
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