Ich sitze in
Göttingen im Cinecafé, warte auf den Liebsten, um dann mit ihm ins Kino zu
gehen. Der kleine Hobbit. (Nicht der Liebste, sondern der Film.)
Die Idee war, in
aller Ruhe ein Feierabendgetränk zu mir zu nehmen und dabei meterweise
Liebesgedichte zu produzieren.
Leer war es im
Café bei meinem Eintritt. Ich suchte mir eine gemütliche Ecke, nahm Platz und
packte mein Netbook aus. Für den Fall, dass Sie das Cinecafé nicht kennen: Es
ist ein recht großer Raum, viel Platz, viele Tische über den ganzen Raum
verteilt. Die beiden jungen Mamis, die kurz nach mir das Café betraten,
steuerten trotz der Größe des Raumes den Tisch direkt neben meinem an. Eine
hatte ein Kind im Brustbeutel, die andere im stylischen Wägelchen. Frau setzte
sich, packte Kind aus Brustbeutel, stellte Karre zurecht und lächelte mich ob
meines schiefen Blickes freundlich an. Ich fletschte die Zähne.
Blag Nummer Eins
fing ziemlich bald nach dem Auspacken an, Geräusche zu machen. Ich bekam eine
Idee, warum kinderlose Singles von Prenzlauer Berg flüchten.
Eines schläft
schon durch. Ein Blag, meine ich. 10 Stunden. „Ohne Essen???“ fragt junge Mami
Nummer Zwei entgeistert. „Klar, wie soll es denn schlafen, während es isst?“
hätte ich am liebsten an den Nachbartisch geblafft.
17:53 Uhr. Guapa
spürt erste Hitzewallungen. Blag Nummer Zwei ist jetzt auch wach und macht
Geräusche. Die Mamis unterhalten sich über Stillrhythmen. Und – ich glaube,
meinen Augen nicht zu trauen – eine der beiden holt ein Tuch von irgendwoher
(ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass junge Eltern Zeugs mit sich
herumschleppen, das schwerer ist als das Blag?) und legt es sich auf den Schoß.
Die will doch wohl jetzt nicht stillen? Die stillen ja schließlich überall,
diese jungen Mütter, warum also nicht im Cinecafé?
Aber ich habe
Glück: Sie will nur, dass das Kleine gemütlicher liegt. Aber was nicht ist,
kann ja noch werden. Ich fühle mich leicht angespannt, ein Fluchtinstinkt macht sich in meinem Frontlappen breit, direkt neben der dort
dauerhaft wohnenden Kettensäge.
Verstehen Sie
mich nicht falsch – ich mag Kinder! Wenn man Eltern im Bekanntenkreis hat, kann
man ab und zu auf den ganz entzückenden Nachwuchs aufpassen, sobald dieser windellos und stubenrein ist. Dann
spielt man ein paar Stündchen, darf Dinge tun, die man im normalen Leben als Erwachsene nicht tun würde (Sandburg bauen, im Matsch herumspringen, andere Kinder von der Schaukel verjagen), arbeitet eventuell noch rudimentär vorhandene
Mutterinstinkte ab und gibt die lieben Kleinen abends wieder zurück.
Was sich mir und meinem
Verständnis völlig entzieht, ist die Tatsache, dass es ganz offensichtlich
(weibliche) Menschen gibt, die den Austausch über Milchfluss und das Einfrieren der überschüssigen Muttermilch, Still- und Schlafzeiten, die Farbe des Bettchens,
Windelqualitäten im Verhältnis zur abgesonderten Menge an Kinderkacke und die
Geländegängigkeit des Kinderwagens einem vernünftigen Gespräch, z.B. über die
letzten Bundesligaergebnisse, den Weltfrieden oder den Hintern von Brad Pitt
vorziehen.
Nicht, dass ich
es ihnen verbieten wollte! Sollen Sie! Aber nicht in meiner Nähe, wenn ich
gerade Liebesgedichte schreiben will! Nicht, während die Blagen gurgelnderweise
auf den Tisch hauen und mir meine Feierabendruhe rauben! Zusammengefasst: Sie
dürfen sich über alles unterhalten, was ihnen im Zusammenhang mit Stillen,
Stuhlgang und Bäuerchen wichtig ist, und sie dürfen auch gern diese albernen
Gutschigutschistimmen dabei haben – WOANDERS!!!
Dabei sehen die
auf den ersten Blick ganz normal aus. Wenn ich sie ohne Kinderwagen und Brustbeutel sähe, würde ich
sie für junge Frauen halten, die einer ordentlichen Beschäftigung nachgehen.
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