Zunächst möchte ich Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Lebensweg wünschen - der allerdings nicht im Auto zurückgelegt werden sollte.
Vielleicht erinnern Sie sich dunkel daran, dass der Herr Fahrschullehrer etwas von "immer rundherum schauen und vorausschauend fahren" gesagt hat. Meiner hat mir das auch erklärt: Nach vorn schauen, in den Rückspiegel und zur Seite, eulengleich. Und "vorausschauend" bedeutet, für den anderen Verkehr ein wenig mitzudenken.
Wenn Sie also Ihren Tankvorgang beendet haben, werte Eichsfelder Dame, und in Ihrem Rückspiegel taucht ein kleines, schmutziges Auto auf, dann könnte das bedeuten: "Da will einer tanken. Ich bin fertig. Ich kann wegfahren. Oder zumindest ein Stück vor, wenn ich es an der Tankstelle so schön finde, dass ich noch ein wenig verweilen möchte."
Falls Sie in Ihren Rückspiegel gesehen haben, ist dieser Gedanke in Ihrem Köpfchen entweder nicht aufgetaucht, oder es war Ihnen scheißegal. "Kann ja hinter einer anderen Zapfsäule warten, der Blödmann hinter mir! Ich mache mir jetzt erst einmal die Haare." mögen Sie sich vielleicht gedacht haben.
Wie auch immer. Der Blödmann hinter Ihnen war ich. Und ich habe Ihnen mit exponentiell (das ist ziemlich schnell und ziemlich doll - für den Fall, dass Ihnen dieses Wort nicht bekannt ist) ansteigendem Wutpegel dabei zugesehen, wie der männliche Mensch, der offenbar die Tankrechnung bezahlt hat, in Ihren Beetle steigt und Sie in aller Seelenruhe den Gurt anlegen, kurz überprüfen, ob auch alle Lampen an Ihrer Dreckskarre funktionieren und dann endlich losfahren.
Jetzt stellen Sie sich einmal vor, hinter Ihnen hätte kein Mensch mit meiner engelsgleichen Geduld und Menschenliebe gestanden, sondern ein potentieller Amokläufer, der einen Scheißtag hatte. Der hätte Sie aus Ihrer Kasperkarre gezerrt, Ihnen so richtig in die Fresse gehauen, Sie vielleicht sogar skalpiert, einfach, weil er zufällig sein Fahrtenmesser dabei und an Weihnachten die neue Version von Winnetou gesehen hat. Vielleicht hätten Sie aus mehreren Wunden blutend zusehen müssen, wie er alle anderen ebenfalls massakriert. Und Sie wären Schuld gewesen, weil Sie ihm derartig auf die Nerven gegangen sind! Sie bluten da still vor sich hin, während der Kerl vielleicht auch noch die ganze Tankstelle mit einem Feuerzeug in die Luft jagt.
Werte Dame, so etwas ist nicht einfach nur ein Horrorszenario. Das ist eine mögliche Zukunft. Ihre mögliche Zukunft. Sie werden ja bald wieder tanken, ohne einmal darauf zu achten, dass auch um Sie herum noch ein paar Menschen existieren. Sie sind noch einmal davongekommen. Aber beim nächsten Tanken treffen Sie vielleicht nicht auf eine zweite Mutter Theresa. Ich für meinen Teil hätte nicht übel Lust, alles einmal durchzuspielen. Das Massakrieren der anderen Tankstellenkunden und In-die-Luft-Jagen der Tankstelle schenke ich mir wohl; die anderen können ja nichts dafür, dass Sie mit der Idee durch die Gegend fahren, Sie wären allein auf der Welt.
Übrigens habe ich mir Ihr Kennzeichen gemerkt.
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