Lieber Yeti-Fahrer mit besagtem Kennzeichen!
Sie haben heute putzige Fahrmanöver in der Wendershäuser Aue vollführt.* Kurz fahren. Halten. Halten. Noch länger halten. 12 Meter fahren. Wieder halten. Ich konnte von relativ weit hinten zunächst ja nur die Bremsleuchten sehen und dachte, da führt wieder irgendsoein Lauffauler seinen Hund mit dem Auto spazieren.
Sie fuhren geradeaus durch die Kirschplantagen, ich bog links ab. Und sah Sie nach einer Weile bei einem zufälligen Blick über die Schulter wieder, diesmal von vorn. Also lief ich ganz rechts auf dem FUßGÄNGER- und WIRTSCHAFTSWEG, damit Sie vorbeifahren könnten. Aber das taten Sie nicht. Zwar kamen Sie näher, aber nicht so schnell, dass an Ihrer und meiner Geschwindigkeit Läuferin und Autofahrer auseinander zu halten gewesen wären.
Dann, endlich, überholten Sie. In Schrittgeschwindigkeit. Ein paar Meter weiter leuchteten wieder die Bremsleuchten auf. Jetzt tippte ich darauf, dass ein Fenster heruntergefahren und ich gefragt würde, wo es denn zum Kölner Dom ginge. Aber das geschah nicht. Sie schlichen weiterhin in Spielstraßengeschwindigkeit vor mir her und bremsten alle vier Meter.
Dann bogen Sie links ab und ich rechts. Ich für meinen Teil hatte jetzt etwas zum Nachdenken für die nächsten zwei Kilometer. Dabei habe ich die folgenden Theorien entwickelt, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich erstens wiedererkennen und mir in diesem Fall zweitens bei Gelegenheit schreiben, welches die richtige ist.
Theorie 1: Sie sind ein Navi-Junkie. Also einer, der keinen eigenen Gedanken mehr wagt, ohne sich vom Navi zeigen zu lassen, wo er längs muss.
Ein Navi-Junkie ist leicht an seinen Fahrmanövern zu erkennen, wie das folgende Beispiel veranschaulichen soll: Vor gar nicht so langer Zeit hat sich ein polnischer Lastwagen im Wasserschutzgebiet so festgefahren, dass er mit schwerem Gerät geborgen werden musste. Als man den Fahrer aus dem Führerhaus zerrte, weinte er und stammelte etwas auf polnisch. Der eilends herbeigerufene Übersetzer übersetzte wie folgt: "Aber das Navi hat doch einen Weg gezeigt! Ich muss doch meinem Navi vertrauen können! Ich musste doch an den 123 anderen LKW vorbei, die mit mir im Stau standen! Was soll aus der Welt werden, wenn das Navi lügt?"
Hat Ihnen Ihr Navi auch eine Art Straße gezeigt? Und Sie sind blind gefolgt? Wären Sie auch über die Fußgängerbrücke gefahren, wenn es Sie die andere Werraseite gelotst hätte? Sind Sie so einer, der kaum noch hochschaut, weil sein Blick auf dem kleinen Bildschirm ruht? Sind Sie einer von denen, die sich nur auf eines konzentrieren können: Straßenverkehrsregeln oder Navi?
Sind Sie so einer?
Theorie 2: Irgendein Energiekonzern hat noch mehr Abgeordnete aus Stadt und Landkreis geschmiert. Da Sie Ihren Yeti mit Werbung eines Ingenieurbüros verziert hatten, sind Sie möglicherweise derjenige, der Plätze für neue Windräder bestimmen soll, also quasi die Vorhut für noch mehr von diesen Dingern; denn wenn man schon zwei Naturschutzgebiete damit zustellen kann, dann die Werraaue doch allemal.
Falls Theorie Nummer 2 zutrifft, melden Sie sich bitte unbedingt bei mir. Ich habe ein Geschenk für Sie, dass ich Ihnen nur im Dunkeln auf der nahegelegenen Mülldeponie überreichen kann.
Theorie 3: Sie sind einfach zu blöd zum Autofahren.
*Für Ortsunkundige: Die Wendershäuser Aue befindet sich bei Witzenhausen, der weltberühmten Universitäts- und Kirschenstadt. Das Beobachtete hätte aber auch in Timbuktu, auf den Falkland-Inseln, in einem Pariser Vorort oder sonstwo auf der Welt stattfinden können.
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