18 August 2008

Adrenalin und Cortisol - und eine ernsthafte Abrechnung mit dem Schweinehund. Wirklich.

Manchmal wünschte ich mir, der Mistkerl hätte einen Namen. Dann könnte ich ihn beschimpfen und ihm an allem die Schuld geben. Meiner ist leider inkognito unterwegs, sitzt in irgendeiner Ecke meines Unterbewusstseins und versteckt sich, sobald ich etwas genauer hinsehe. Und wenn ich mehr oder weniger willenlos, weil über vierzig (Lesen Sie "Fettfalle 40", und Sie wissen, wovon ich rede!), ohne nennenswerten Adrenalinschub, dafür aber voll von selbstproduziertem Cortisol und außerdem in meinem Biorhythmus ganz am unteren Ende bin, flüstert er: "Komm, gönn Dir mal was!" oder "Man muss auch mal Pause machen können!"

Adrenalin? Cortisol? Das sind eigentlich völlig nutzlose Überbleibsel aus Urzeiten, als wir noch gesammelt und gejagt haben und Säbelzahntiger hinter jeder Haus- pardon, Höhlenecke lauerten. Kerl ist also auf der Jagd und rennt irgendeinem Mammut hinterher (bestenfalls), während wir das gerade entdeckte Feuer anfachen. Auf einmal brüllt die Höhlennachbarin: "Achtung! Säbelzahntiger vorn rechts!" Wir schnappen uns Ast mit Feuer dran, scheuchen laufenkönnende Blagen ins Höhleninnere, schleppen den Rest hinterher, keuchen, hecheln, sind voll auf Kämpfen oder Fliehen programmiert. Adrenalin pur. Der Puls geht schneller, die Verdauung funktioniert großartig, alle Sinne sind geschärft.

Kurz darauf stellt sich heraus, dass die Nachbarin einen neuen Pilz entdeckt und gegessen hat und der Säbelzahntiger die etwas groß geratene Katze der linken Höhlennachbarin gewesen ist. Also Brut wieder aus dem Höhleninneren zurückbeordert, Feuer neu angefacht, dem schreienden Jüngsten nochmal rasch die Brust gegeben, der Atem beruhigt sich, und wir bekommen einen Mörderhunger. Das ist das Cortisol. Nachdem wir nämlich geflüchtet sind mit all dem Adrenalin in uns drin und ohne nennenswerte Hungergefühle, braucht unser Körper Nahrung, wenn er wieder Ruhe hat. Cortisol sorgt dafür, dass wir ordentlich essen.

Das war auch vollkommen in Ordnung, solange die Jungs zu Fuß unterwegs waren und wir regelmäßig von Säbelzahntigern oder zu groß geratenen Nachbarskatzen heimgesucht wurden. Heute, im Jahre 2008, schütten wir Adrenalin aus, wenn das Telefon klingelt, der Briefträger ein Einschreiben abliefert oder die Kontoauszüge rote Zahlen ausweisen. Das mögen zwar alles hochdramatische Vorgänge sein, Kalorien verbrauchen sie nicht. Trotzdem schüttet unser alberner Körper im Anschluss an die Durchsicht der Kontoauszüge wieder Cortisol aus, und wir müssen fressen. Das führt dann nicht zu neuer Kraft, sondern zu Fettleibigkeit schlimmsten- oder Hüftspeck bestenfalls.

Warum ich Sie mit diesem Kram belästige? Um schlüssig erklären zu können, warum ich heute eine Riesenportion Griesbrei, zweieinhalb Stunden später eine ähnlich Menge an Nudeln in Käse-Tomaten-Sauce, als Nachtisch ein großes Glas Joghurt mit sehr viel Rohrohrzucker, nachmittags einen Milchkaffee und drei Pfirsiche und zur DVD eine Tüte Erdnussflips und eine Tafel Schokolade verspeist habe, obwohl nirgendwo auch nur der Schatten eines Säbelzahntigers zu sehen war und ich auch keine Kontoauszüge abgeholt habe.

So geht es nämlich. Das ist wie mit Eva und der Schlange. Nur dass ich jetzt zum Vögeln viel zu dick und träge bin und im Paradies garantiert weder Erdnussflips noch lila Kühe vorgesehen waren...

Was das mit dem Schweinehund zu tun hat? Wüsste ich auch gern - aber der hat sich ja versteckt, gleich hinter dem Säbelzahntiger.

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