23 August 2008

Die Stripperin

Gerade habe ich etwas geschrieben, das einem schriftstellerischen Seelenstriptease gleichkommt. Will ich das mitteilen? Oder sollte ich es lieber wieder löschen? Mein Zeigefinger scheut vor dem "Post veröffentlichen"-Button zurück. Denn nicht alles, was eine vermeintliche Schriftstellerin ausbrütet, ist auch für die Öffentlichkeit bestimmt. Will ich, darf ich soviel ausziehen? Stripteasetechnisch gesehen trage ich nur noch die Unterwäsche und bin im Begriff, meinen BH ins Publikum zu werfen.

Vor sehr langer Zeit habe ich übrigens einmal eine Stripperin kennengelernt, sie war Ende vierzig, vielleicht eher Anfang fünfzig, Italienerin, rauchige Stimme, blondiert, und sie zeigte eine geniale Show, die die Zuschauer ihren nicht mehr jungen Körper übersehen ließ. Nach dem Auftritt jedoch war ihre Verbitterung über ein Leben, das sie scheinbar nicht mehr in andere Bahnen lenken konnte, unübersehbar. Trotzdem ging sie nach kurzer Pause wieder mit ihrer Straußenfeder auf die Bühne und nahm nach ihren Auftritten den einen oder anderen Ehemann, Junggesellen oder Familienvater mit auf das für zuviel Geld gemietete Zimmer.
An ihren Namen kann ich mich nicht erinnern; allerdings weiß ich noch, dass ich jedesmal peinlich berührt war, wenn sie mit der Straußenfeder an sich herumspielte. Aber sie war diejenige mit der größten Ausbeute an spendierten Piccolos. Nicht einmal die Domina konnte mehr Erfolge vorweisen. Möglicherweise war in diesem speziellen Nachtclub das Interesse an SM nicht so groß wie das an Straußenfedern und deren Einsatzmöglichkeiten.

Egal. Vielleicht war die Italienerin schlicht und ergreifend die bessere Stripperin.
Ich ignoriere das, hake meinen BH auf, direkt nachdem ich den kompromittierenden Text gelöscht habe. Bevor allerdings jemand genauer hinsehen kann, verschwinde ich in der Garderobe. Und der Slip bleibt an!

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