20 Dezember 2008

Leere

Eigentlich sollte ich ja meinem Ruf, eine ausgezeichnete Bespaßerin zu sein, nachkommen und irgendetwas Witziges schreiben. Vielleicht über nichtvorhandene Sixpacks von Gunstbewerbern, endlose Schlangen vor überfüllten Parkhäusern, hektische Letzte-Minute-Einkäufe, alberne Werbung, meinen eigenen und wegen übermäßigem Kekskonsum stündlich zunehmenden Bauchumfang, irgendeine der vielen Beobachtungen eben, die ich in den letzten Wochen bruchstückhaft notiert habe.

Die Erinnerungsfunktion meines Mobilen blökt mich jeden Tag mehrmals an. "Notizen lesen!" steht dann auf dem Display, "Ralf und die Schafe!" oder "George, S. 251 verwursten!" Und hinter jeder dieser Notizen ist ein dickes Ausrufezeichen, das mir ein schlechtes Gewissen macht.
Was mich nicht daran hindert, die Ausführung der selbstgestellten Aufgaben immer weiter nach hinten zu schieben. Gleiches gilt für Outlook - auch da leuchtet die Mehrzahl in der Rubrik "Zu erledigen" in penetrantem Rot. Gut ist, dass das Gehirn sich an jeden regelmäßig wiederkehrenden Reiz innerhalb relativ kurzer Zeit gewöhnen kann. Schlecht ist, dass es ihn irgendwann nicht mehr wahrnimmt.

Egal ist mir all das, weil in meinem Kopf noch immer absolute Leere herrscht. "Anna K. - Grenzlinie" ist inzwischen bei amazon.de, bod.de und im einschlägigen Buchhandel aufgelistet, bei amazon.de leider ohne ein Foto des von mir so liebevoll gestalteten Covers; "Die Beiden" sind geschrieben und zunächst auf dem USB-Stick zwischengespeichert. "Frauen denken. Männer nicht. Denken Frauen." sind zu zwei Dritteln fertig und warten auf ein Lektorat.
Ich sitze auf der Couch und schaue mir Götz George an. Gestern war es "Die Katze" (Da ist er sehr wirkungsvoll gestorben und freundlicherweise einmal nackt durchs Bild gelaufen.), vorgestern die ersten beiden Schimanskis. Dazu gibt es Baiser, Kekse, Ovomaltine aus der Dose und naturtrüben Apfelsaft von der Streuobstwiese. Ich mag nichtmal mehr Wein trinken! Bier sowieso nicht. Naja, vielleicht heute abend beim Doppelkopf. Falls ich mich aufraffen kann und nicht schon der nächste Schimanski in meinem Briefkasten liegt.


Aber ich muss auch nirgendwo hin. Gestern habe ich einen "Stern" vom November gefunden, in dem man die eigene Beziehungsfähigkeit testen konnte. Dabei kam heraus, dass ich auf Abenteuer aus, streitlustig, konfliktscheu und unsicher bin. Die "9" habe ich nicht erreicht, bin bei "3" und "4" hängengeblieben. "9" stand für "Sucht in einer Beziehung das gemeinsame Glück, ruht in sich und ist kompatibel". "3" bedeutete "promiskuitiv bis zum suchthaften Verhalten" und "4" war "streitlustig und aggressiv". Das sind jetzt meine eigenen Worte, in der Auswertung hat man sich wissenschaftlicher ausgedrückt.
Jedenfalls habe ich das Ergebnis für mich interpretiert als "NICHT KOMPATIBEL!" und mich entschlossen, aus dem Bridget-Jones-Lied "All by myself, don't wanna be all by myself" für einige Zeit "All by myself, I wanna be all by myself" zu machen und meine Promiskuität bei Lesungen in den umliegenden Swingerclubs auszuleben. Oder einfach auf der Couch sitzen zu bleiben. Sollen doch die Schäferhunde kommen und mich anfressen! Die werden sich ordentlich den Magen verderben.

Wie ich jetzt darauf gekommen bin? Ist doch eine äußerst eloquente Beschreibung für "Leere", oder etwa nicht?

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