07 Mai 2009

Nordic Walker

... können sehr sympathische und humorvolle Menschen sein. Erst letzte Woche wurde ich von einer mir bekannten Gruppe mit La Ola begrüßt, als ich ihnen entgegenrannte.

Aber sie können auch anders. Mit herabgezogenen Mundwinkeln, in Vierergruppen nebeneinander grimmig und konzentriert ihrer Gesundheitspflege nachgehend. Wenn Ihnen, während Sie beim Laufen sind, solch ein Trupp entgegenkommt: Bloß nicht grüßen! Auf gar keinen Fall lächeln! Wenn Sie Glück haben, wird man Sie ignorieren, was bedeutet, dass Sie sich irgendwie Ihren Weg durch die Stockmarschierer bahnen müssen. Sie könnten aber auch als Feind, dessen Lächeln nicht Freundlichkeit, sondern Verachtung bedeutet, identifiziert werden, und die Viererkette, die Sie durchlaufen müssen, wird noch breiter.

Läufer und Nordic-Walker sind nämlich natürliche Feinde. Während ein laufender Mensch einfach losläuft, nötigenfalls sogar barfuß und damit der natürlichsten und ältesten Bewegungsform der Menschheit nachgeht, muss der Nordic-Walker erst einen mehrwöchigen Kurs besuchen und sich für eine Mörderkohle Nordic-Walking-Dress und die dazugehörigen Stöcke kaufen. Das dauert.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Laufanfänger seinen ersten Marathon finisht, während der Nordic-Walker immer noch verzweifelt versucht, Arme und Beine zu koordinieren, ist relativ hoch.

Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe es versucht, und zwar unter Anleitung einer Nordic-Walking-Instructorin. Jedesmal, wenn uns jemand entgegenkam, verspürte ich das Bedürfnis, die Stöcker von mir zu werfen, weil es mir unsäglich peinlich war, dass ich mich nicht wie ein normaler Mensch bewegte.
Aber man kann die Mistdinger nicht einfach wegschmeißen, weil sie an einem festgeklettet sind! Der Grund dafür ist, dass man beim Armschwung nach hinten die Hände öffnen soll, weil sie sich beim Vorschwung an den Griffen festgekrallt haben.

Ich kürze ab: Meine Nordic-Walking-Erfahrung beschränkte sich auf eine knappe Stunde, in der ich verzweifelt versuchte, Arme und Beine zu koordinieren, während ich verbissen "Rechtes Bein, linker Arm, linkes Bein, rechter Arm!" vor mich hinmurmelte. Jeden Entgegenkommenden, der ohne Stöcker, also als freier Mensch unterwegs war, hasste ich zutiefst und ließ ihn das auch durch böse Blicke spüren. "Ein blödes Grinsen, und ich haue Dir diese verdammten Stöcke um die Ohren!" dachte ich dabei.
Dann hatte meine Instructorin ein Einsehen. "Komm, wir hören auf, das wird nix!" erklärte sie mir. Freudig kam ich ihrer Bitte nach, nahm die Fremdkörper in die Hände und bewegte mich wieder wie ein normaler Mensch.

Ich kann mir übrigens selten dieses leicht mitleidige Lächeln verkneifen, wenn ich auf Nordic Walker treffe. Andererseits: Das Volk geht jetzt an die frische Luft. Das ist gut und lobenswert. Und wenn das Volk zu diesem Zweck zwei Stöcke spazierentragen muss, soll es das eben tun. Ist auch gut gegen die Wirtschaftskrise.

Für mich jedoch gilt: Wenn Gott gewollt hätte, dass ich auf allen Vieren gehe, hätte er mich zum Hund gemacht. Oder zur Katze. Hat er nicht. Also laufe ich auf meinen Füßen. Ausschließlich.

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