13 Juni 2010

Galoppierender Wahnsinn

... kann sich auf unterschiedliche Weise ausdrücken. Wir erleben derzeit in Berlin eine besondere, wenn auch nicht unbekannte Form. Da wird mit Bonmots nur so um sich geworfen; Koaltitionspartner beschimpfen sich gegenseitig. Die einen sehen sich einer Rotte von Wildschweinen gegenüber, die anderen sind therapiebedürftig und die ganz Kleinen schmollen. "Wenn Ihr unsere Lobby nicht bedient, wählen wir Euren Präsidentschaftskandidaten nicht. Bätschi!"
Früher, zu antiautoritären Zeiten, wäre jetzt ein überzeugter Kriegsdienstverweigerer und Pazifist mit langen Haaren eingeschritten, hätte die Streithühnchen gebeten, sich gegenseitig einmal (Aber wirklich jeder nur einmal!) anzuspucken, und die Welt wäre wieder in Ordnung gewesen.
Das ist heute anders. Mama Merkel mahnt zwar bessere Manieren an, aber ob die Kurzbehosten dazu in der Lage sind, steht auf einem anderen Blatt.

Dabei hätten sie zur Zeit und während der nächsten vier Wochen die beste Gelegenheit, alles durchzusetzen, ohne dass ein sich in kollektiver Schwarz-Rot-Gold-Verblödung befindliches Volk es merken würde. Das merkt sich nämlich nur den nächsten Spieltag der deutschen Nationalmannschaft und die nächste Public-Viewing-Location. (Nicht, dass das einer der Fahnenträger korrekt aussprechen könnte...)

Das bringt mich zum nächsten Thema, ohne den Oberbegriff verlassen zu müssen.

Ich bin gerade durch Lrode gefahren. Das ist einerseits der Sitz einer berühmten Mosterei und andererseits so ein x-beliebieger Durchfahrtsort.
Bei meiner Durchfahrt bot sich mir folgdendes Bild: Mann, Mitte vierzig, Bierbauch, Deutschlandtrikot, -hut und in die Hose gestopfte -fahne, außerdem wildeste schwarzrotgoldene Kriegsbemalung im Gesicht, grenzdebiler Blick, steht an der Straße und schwankt. Ich mache sicherheitshalber einen großen Bogen um den Verirrten. "Was tut der während des Spiels auf der Straße? Ist schon Halbzeit? Hat Poldi ein Interview gegeben? Ist der Kaiser gestorben?"

Fragen über Fragen, die mir niemand beantworten wird.

Aber beim Anblick dieses Menschen, der möglicherweise gerade alles tut, was er am besten kann, verstärkt sich ein seit Jahren in meiner rechten Hirnhälfte ansässiger Gedanke: Ich sollte nach Griechenland auswandern.

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