11 Mai 2017

Stöhnen am frühen Morgen

5:26 Uhr. Das Telefon klingelt. Ich denke dann ja, einem Verwandten ist etwas passiert, mein Auftraggeber hat mich nicht mehr lieb und sagt spontan ab, jemand will mir eine Versicherung verkaufen, einer meiner Ex-Freunde wird Spätgebärender und muss mir das unbedingt mitteilen, oder die Verteidigungsministerin will mit mir schimpfen, weil ich wehrzersetzende Texte geschrieben habe. 
Das denke ich alles, während das Telefon noch klingelt. Überlege mir dann, dass ich rangehen sollte, damit nicht das ganze Haus wach wird und die Hunde anfangen zu bellen oder umgekehrt. Gehe ran. Werde vollgestöhnt von einem frühaktiven Perversling.

Dem habe ich vielleicht was erzählt! Dass er sich seine Stöhnereien für spätabends aufheben soll, wenn die Leute noch Kapazitäten für so etwas haben. Dass ich nicht in der Stimmung bin, ihm etwas Lustiges zu erwidern, weil ich dazu einfach noch nicht wach genug bin. Dass er sich sein Gestöhne sonstwohin stecken kann und überhaupt ein blöder W... ist.
Die Vorstellung, wie er da in schmutziger Unterhose und mit einem Riesenständer auf einer schmuddeligen Couch sitzt, vor sich auf dem Tisch eine Palette Billigbier, im TV eine 0190er-Werbung, die "Ruf mich an!" stöhnt, finde ich sowas von eklig. 
Das Bier streiche ich. Passt nicht zum Ständer. Stattdessen füge ich noch den Gestank nach altem Zigarettenqualm hinzu und Aschebrösel überall. Ähbäh!

Daher heute früh meine Bitte an alle mitteilungsbedürftigen Exhibitionisten, Telefonterroristen, Perversen, Nichtsbessereszutunhaber: Bitte rufen Sie mich nicht auf dem Festnetz, sondern auf dem Smartphone an. Da habe ich als Klingelton "Pirates of the Caribbean", bekomme beim Klingeln gute Laune, muss mich nicht über Sie ärgern, und Sie können sich in Ruhe einen runterholen, ohne von mir beschimpft zu werden. Vielen Dank und einen schönen Tag.

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