Sage mir, wo Du einkaufst, und ich sage Dir, wie anstrengend Du bist...

Waren Sie schon einmal bei Tegut oder Alnatura? Und haben Sie dort beim Leergutautomaten hinter einem ökologisch korrekt bekleideten Paar gestanden, das intensiv darüber diskutierte, wo denn wohl diese kleinen Flaschen gekauft worden waren und das einfach nicht glauben konnte, dass der Automat die Kisten wirklich nicht haben will. Und das sich von jeder weiteren Flasche mit einem liebevollen Blick verabschiedet hat.
Dann, nach einer Zeit, die mir für die Verfassung einer Doktorarbeit ausgereicht hätte, ein Blick nach hinten und auf die wachsende Schlange. "Upsi!" scheinen sie zu denken. Und "Wo kommen die denn alle her - es gibt doch außer uns niemanden auf dieser Welt!" Dann, mit einem Lächeln: "Entschuldigung!" Ich lächelte zurück und antwortete: "Alles ist gut, viel älter kann ich heute nicht mehr werden. Machen Sie ganz in Ruhe weiter." 
In diesem Moment war ich dankbar für die Erziehung, die meine Mutter mir angedeihen ließ. Hätte sie das nämlich unterlassen oder wäre ich nicht der friedliebende, zutiefst freundliche Mensch, der ich nun einmal bin, ich hätte meinen Einkaufswagen als Waffe benutzt und die beiden Waldorflehrer über den Haufen gefahren. Und den Leergutautomaten gleich mit, einfach weil er da war.

Habe ich aber nicht, sondern mich stattdessen mit Gedanken darüber unterhalten, welche Sorte Mensch denn wohl wo einkauft und ob man daraus auf den gesellschaftlichen Hintergrund schließen kann.
Kann man, da bin ich ganz sicher. Aber dazu später mehr.

Außerdem habe ich mich entschieden, einen neuen Knigge zu verfassen, Arbeitstitel "Knigge 2020". Für diejenigen, die gern einmal stundenlang den Leergutautomaten belegen, ohne einen Gedanken an die Schlange hinter ihnen zu verschwenden: Es wird sich dabei um elementare Höflichkeitsregeln handeln, angepasst an das digitale Zeitalter und mit der grundlegenden Voraussetzung, dass es außer uns noch andere Menschen auf dieser Welt gibt, die ebenfalls ihr Leergut loswerden wollen.

Ich wünsche Ihnen eine großartige Woche und gebe einen kostenlosen Ratschlag dazu: Schauen Sie sich genau an, wer vor Ihnen in der Schlange steht! Im Zweifel stellen Sie sich hinter der Einzelperson an, die zwei Flaschen Wein, einen Apfel und WC-Reiniger im Einkaufswagen hat. Die wird Sie nicht lange aufhalten. Die hat es selber eilig.