09 März 2009

10 Kilometer mit Kampfschwein

"Oh verdammt, das gibt nix mit der guten Zeit!" höre ich meinen Nachbarn rechter Hand stöhnen. Ich folge seinem Blick und denke mir: "Naja, vielleicht doch." Eigentlich denke das nicht ich, sondern das in mir wohnende Kampfschwein, das gerade die erste Steigung begutachtet.

Kurz darauf stellen wir beide fest, dass man erstaunlich schnell schwere Beine bekommen kann, ganz besonders, wenn man den Start fast verpennt hat, weil die Unterhaltung mit eben diesem Nachbarn rechter Hand so nett war, und sich jetzt durch den Pulk der am Anfang vernünftigerweise langsam laufenden TeilnehmerInnen hindurchwühlen muss. Was übrigens völlig vernünftig ist. Das Langsamlaufen am Anfang. Gerade habe ich gelesen, dass das Gehirn schnell zu dem Entschluss kommt, den Körper schonen zu müssen, wenn man es zu schnell angehen lässt. Kampfschwein ist da völlig anderer Ansicht. Es findet nämlich, dass wir am Anfang ordentlich Gas geben sollten, um überhaupt erstmal in Stimmung zu kommen. Bisher hatte es immer einen guten Riecher (obwohl es ein Kampf- und kein Trüffelschwein ist), also überlasse ich ihm die Führung und kämpfe mich durch den Matsch am Wegesrand weiter nach vorn. Meinen Nachbarn zur Rechten lasse ich zurück. Kurz.

Zwischen Kilometer 1 und 2, ich stelle fest, dass ich immer noch zu langsam bin, überholt er mich wieder. Wortlos. Mistkerl. Er hätte ja wenigstens "Hallo!" sagen können. Hat wahrscheinlich schon keine Puste mehr.


Es geht weiter bergauf. Wenn das so bleibt, wird es nix mit der guten Zeit, teile ich meinem Kampfschwein mit. Das antwortet: "Schnauze halten! Laufen!" Wir laufen.

Die ersten 7 Kilometer machen Spaß. Leider ist nur wenig Publikum an der Strecke, und die Diva in mir fängt an zu maulen. "Wofür tun wir uns das an, wenn keiner guckt?" "Naja, vielleicht wartet der Ex am Ziel, und der lobt uns bestimmt." erkläre ich ihr freundlich. "Und wozu soll das gut sein? Das ist der Ex!" antwortet Diva erbost. Kampfschwein erwidert: "Schnauze, alle beide! Lauft!" Wir laufen.

Angesichts eines längeren Bergabstücks bitten die Knie höflich, aber bestimmt um Schonung. "Du weißt, dass Du morgen arbeiten musst. Außerdem ist dies nur ein Testlauf. Also mach langsam!" Wir halten uns alle daran. Bis wir den Nachbarn zur Rechten in einiger Entfernung entdecken. Kampfschwein legt einen Zwischenspurt ein. Wir überholen. Wir sagen "Hallo!" im Vorbeilaufen. Soll er doch sehen (und hören), dass wir noch genug Puste haben.

Kurz nach Kilometer 7 (Der Statistiker in meinem Kopf hat gerade ausgerechnet, dass wir bei dieser Geschwindigkeit unter 50 Minuten bleiben können.) werden die Beine schwer. Passenderweise folgt ein längeres Stück bergauf mit Gegenwind. Mist. Schweinehund beißt die Zähne zusammen und kämpft sich hoch. Die Knie haben jeden Protest aufgegeben und funktionieren klag- und fast reibungslos. Die Diva schmollt. Guckt ja immer noch keiner. Ich gebe mich meinen diversen Anteilen hin und unterstütze unseren Kampfesmut mit der Filmmusik von Rocky IV - "There's no easy way out". Wir werfen jedenfalls keine Handtücher! Wir nicht!

Der letzte Kilometer. Das Ziel ist immer noch nicht zu sehen. Sind wir versehentlich auf die Halbmarathonstrecke geraten?

Vor mir läuft ein kleines Grüppchen in recht flottem Tempo. "Los, die schaffen wir noch!" schreit Kampfschwein mir ins Ohr. Ich renne weisungsgemäß schneller, und meine Atmung muss inzwischen wie das Schnaufen einer sehr alten Dampflok klingen. Das Grüppchen schaut auch recht erschreckt zur Seite. "Nein, Leute, ich sterbe nicht! Das klingt immer so, wenn ich mich anstrenge!"

Da, das Ziel! Nur noch zwei Läufer vor mir. "Los, gib Gas, Du Weichei, die schaffen wir auch noch!" schreit das Kampfschwein. Mit letzter Kraft lege ich noch einen Zahn zu. Aber die Jungs hatten auch Kampfschweine dabei.

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