22 August 2016

Warum 21 Kilometer viel schlimmer sind als 42.



Nöhlfreies Posieren
Gestern bin ich einen Halbmarathon gelaufen. Als Training und Test für den Kassel-Marathon. Ich war nicht aufgeregt, nicht weiter vorbereitet, einzig meine Zickerei kurz vor dem Start war wie immer: "Als Du mich noch geliebt hast, hast Du mich dauernd fotografiert! Jetzt muss ich hier ein Selfie machen!", "Könntest Du bitte etwas schneller gehen; ich habe meine Startnummer noch nicht.", "Oh, halt doch mal meinen Turnbeutel!" Ich bin da ein bisschen wie Joan Collins, bevor sie ihr Snickers bekommen hat, aber der beste Ehemann von allen erträgt mein stressbedingtes Genöhle mit Gelassenheit - und auch, dass ich ihm kurz vor dem Start alles in die Hand drücke, was ich für die nächsten Stunden nicht mehr brauche.

Gegend

Dann ging es los. Und irgendwie fühlte es sich an wie jeden Sonntag, nur dass ich eben nach Zeit lief und in einem Pulk von bunten Menschen, statt einfach so rum.
Keine Sorge, ich langweile Sie jetzt nicht mit Streckenbeschreibungen oder meinem Körpergefühl bei Kilometer 13. Wer selbst läuft, kennt das, allen anderen ist es wahrscheinlich egal.

Erstaunlich war, wer mich alles überholt hat. Da rannten Menschen an mir vorbei, die so aussahen, als würden sie es nicht einmal unfallfrei zum nächsten Zigarettenautomaten schaffen! Und die klangen teilweise auch so. Okay, die echt sportlichen aussehenden waren ja auch schon weit, weit vorn und weg.

Mir wurde langweilig. Und eigentlich hatte ich auch gar keine Lust mehr. Wer rennt denn auch an einem Sonntagmorgen, wenn andere beim Frühstück sitzen, für nichts durch den Wald? Denn eines ist sicher: Ich werde in diesem Leben weder Startgeld noch irgendwelche Prämien angeboten bekommen!
"Eigentlich könnte ich doch ebensogut jetzt aufhören!" dachte es in mir. Was mich hinderte war die Tatsache, dass ich keine Ahnung hatte, wo genau ich mich befand, und deswegen versuchen musste, die leicht humpelnde Frau vor mir im Auge zu behalten, die ich einfach nicht einholen konnte. 

Irgendwann unterwegs wurde mir klar, warum mir so langweilig war und ich so gar keine Lust mehr hatte: Seit meinem ersten Marathon nehme ich den Halbmarathon nicht mehr ernst. Ich glaube, dass ist nach gerade zweimal zweiundvierzig Kilometern in diesem Jahr (und zum ersten Mal in meinem ganzen Leben) ziemlich arrogant, zumal man ja auch für 21 Kilometer einen Moment unterwegs ist.

Hund, Rottweiler, Laufen, Wettbewerbe
Auch schneller...
Aber es ist so. Blöd. Da renne ich also durch den Wald, werde von schnaufenden Endfünfzigern überholt und nehme mich nicht ernst. Ich muss das ändern. Vielleicht komme ich dann später unter die ersten zehn der Klasse 70plus. Da gibt es nämlich bei den Frauen meistens niemanden mehr... Der ältere Herr Jahrgang 1938 war übrigens neun Minuten schneller als ich...

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