Heute habe ich versucht, 20 Kilometer unter zwei Stunden zu laufen, was mir knapp gelungen ist.
Weil ich eine faule Sau und kein Freund größerer Menschenansammlungen bin, habe ich mich für "Halbmarathon light" in Eschwege entschieden. "Nur" 20 Kilometer, aber den fehlenden würde ich mir einfach dazudenken.
Also bin ich morgens mit gewisser Vorfreude in die Kreisstadt gefahren, habe meine Startnummer abgeholt, mich aufgewärmt und mit allen anderen 68 "Langstrecklern" am Start aufgebaut, meinen iPod wie immer dabei und die Stöpsel schon in den Ohren. Mein Nebenmann, ebenfalls mit Musik ausgestattet, stupste mich an: "Nimm die Kopfhörer lieber nochmal raus. Man darf bei dieser Veranstaltung nicht mit laufen, da wird man gleich angezählt." Etwas ungläubig schaute ich ihn an, bedankte mich für den Tipp und wollte gerade zu meinen Ohren greifen, als einer der Ordner (erkennbar an gelber Warnweste mit Leuchtstreifen) auf mich zukam und mir in harschem Ton erklärte, dieser Lauf sei der amtlich vermessen, würde in eine Bestenliste aufgenommen, und deswegen wären Kopfhörer verboten. Das machte mich noch viel ungläubiger. Sah ich denn wirklich so aus, als hätte ich vor, in irgendeine Bestenliste aufgenommen zu werden? Oder sah ich nicht viel mehr - wie die meisten anderen übrigens auch - nach klassischer Freizeitläuferin mit zweiter Luft aus?
Ich entschuldigte mich artig, erklärte, dass ich das nicht gewusst hätte und nahm die Stöpsel raus. Um sie sofort nach dem Startschuss wieder in meine musikgewöhnten Ohren zu applizieren. Ohne Musik ist nämlich doof. Und seit ich laufe, höre ich immer beim Start Eminem, "Loose yourself" und auf den letzten 500 Metern immer das Stück aus der Filmmusik von "Rocky", bei dem er irgendwo raufklettert oder sonst etwas Anstrengendes macht und oben angekommen dann die Arme hochreißt. Ich brauche das.
200 Meter weiter, wir befinden uns noch im Stadion, stürmt ein weiterer Ordner mit entschlossenem Gesichtsausdruck und einer gelben Karte in der Hand auf mich zu: "Das ist eine Verwarnung! Die Kopfhörer müssen raus!" fährt er mich an. Jetzt bin ich entschieden angepisst und überlege kurz, aber ernsthaft, ihm den Stinkefinger zu zeigen und wieder nach Hause zu fahren. Allein die Tatsache, dass in meinem Trainingsplan "Testlauf Halbmarathon" steht, hindert mich daran.
Aber ich kann Ihnen verraten, dass ich deutlich weniger Spaß hatte als normalerweise. Immer, wenn ich irgendetwas Warnbewestetes von weitem sah, nahm ich die Stöpsel raus, um sie kurz dahinter wieder einzustöpseln.
Der Zieleinlauf ohne Rocky war schlicht und ergreifend Scheiße. Punkt.
Und dann muss ich mir noch über die Lautsprecher anhören, dass da "Erschöpft, aber glücklich" Schmitts Freundin angetaumelt kommt. Ich war nicht glücklich!!! Ich war hochgradig genervt und hätte dem Spielverderber, der meinen iPod sogar beim Zieleinlauf streng beäugte, am liebsten ordentlich eins in die Fresse gehauen!
Für den Fall, dass die Organisatoren dieses Laufes zufällig auf die "Randbemerkungen" stoßen: Liebe Leute, es ist schlichtweg albern, bei einer Veranstaltung mit knapp über 500 Teilnehmenden, die sich auf fünf oder mehr Läufe verteilen, so ein Affentheater zu machen. Es sind nicht die Deutschen Meisterschaften. Es laufen keine Kenianer mit. Von Preisgeldern habe ich auch nichts gelesen. Was, bitteschön, sollte mir denn ein eventuell vorhandener Einflüsterer über meine Ohrstöpsel sagen? Dass ich gerade arschlangsam bin und Gas geben muss, wenn ich nicht Letzte sein will? Das merke ich selbst. Dass es da vorn bergauf geht? Das kann ich unschwer daran erkennen, dass die vorderen Läufer ein ganzes Stück weiter oben sind als ich gerade. Zwischenzeiten? Sagt mir mein Garmin und anderen Läufern die Runtastic-App. Laut, aber das nur am Rande.
Eines ist sicher: Die nächsten Testläufe mache ich im benachbarten Bundesland; da sind erstens die Ansager lustiger und zweitens die Ordner freundlich und entspannt, weswegen es drittens einfach mehr Spaß macht.
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