Warum Männer glauben, dass Frauen nicht einparken können und in meinem Fall damit Recht haben

Es gibt Fähigkeiten, die hat man oder man hat sie nicht. Zungenrollen zum Beispiel, ein Auge zukneifen, Pfeifen, mit der Zunge die Nasenspitze berühren. Die eigene, wohlgemerkt.
Das kann ich alles nicht. Wenn ich meine Zunge rausstrecke, kann ich mich noch so sehr anstrengen, sie kommt mehr oder weniger glatt zum Vorschein. Drumherum das Gesicht sieht vor lauter Anstrengung zwar etwas zerknittert aus, aber das hilft auch beim Zungerollen nicht.

Ich beim Versuch des Zungerollens.

Gleiches gilt für das Berühren meiner Nasenspitze; da muss ich nachhelfen und die Nase kräftig nach unten drücken.
Wenn ich pfeife, klinge ich wie ein depressiver Wasserkessel, und beim Spiel "Zuzwinkern", das wir als Kinder gern gespielt haben, habe ich immer verloren.
Ist wohl genetisch.

Räumliches Vorstellungsvermögen scheint auch zu diesen durch Geburt zu erwerbenden Fähigkeiten zu gehören. An mir ist es spurlos vorbeigegangen, und auch durch jahrzehntelanges Üben konnte ich nicht mehr erwerben als Frustration und Selbstzweifel.

Entfernungen einschätzen. Kann ich nicht. Ich stehe an der Kreuzung, bis auch das letzte Fahrzeug, das sich aus sieben Kilometern Entfernung nähert, an mir vorbeigefahren ist. Fahren mit Anhänger? Gehen Sie mir weg! Mein letzter Versuch endete damit, dass ich den Anhänger, der mit frisch geernteten Karotten befüllt werden sollte, nach x Versuchen mittels Körperkraft auf den Acker und auch wieder heruntergezogen habe.

Ein Freund, der mich kürzlich beim Rangieren eines Lieferwagens beobachtete, stellte fest: "Es sieht sehr seltsam und unlogisch aus, was Du da tust. Man will nicht glauben, dass es Dir gelingen wird, unfallfrei die Laderampe zu erreichen. Aber irgendwann stehst Du. Und das relativ gerade. Erstaunlich!"

Wenn er wüsste, wieviel Nerven mich diese vermaledeite Rangiererei kostet! Es ist ja jedes Mal wieder neu und aufregend für mich. Ramme ich die umstehenden Fahrzeuge, demoliere das zu rangierende, oder gelingt es mir ein weiteres Mal, die Mistkiste zu parken?

Liebe Herren, Sie haben es hier mit einem seltsamen Phänomen zu tun, das überhaupt nichts mit geschlechtsspezifischen Merkmalen zu tun hat! Ich bin intelligent, erfahren, zumeist rational, ich besitze nur sieben oder acht Paar Schuhe (Laufschuhe ausgenommen), kann notfalls schwere Dinge umherschleppen, rede ungern über Beziehungskram und frage grundsätzlich nicht nach dem Weg. Eigentlich bin ich ein Kerl. Mit Brüsten. Schönen Brüsten, aber das interessiert hier gerade nicht. Und genau deswegen finde ich es im höchsten Maße unfair vom Leben und der Genetik, dass sie mich einparktechnisch so defizitär ausgestattet hat. 

Ich auf der Suche nach einem Parkplatz, der groß genug für meinen Kleinwagen ist.