Warum Männer immer die Welt erklären müssen und Frauen dann besser die Klappe halten.

Denn Männer erklären gern, vor allem die Welt. Das halten sie für eine ihrer hervorstechendsten Fähigkeiten, und das tun sie in der Regel ungefragt. Manchmal glaube ich, es ist irgendwie genetisch bedingt, und sie können nicht anders.
Erinnern Sie sich an "Pappa ante portas" von und mit Loriot? Da gibt es eine Szene, in der die berentete Hauptfigur erstmals einkaufen geht. "Guten Tag, mein Name ist Lohse. Ich möchte hier einkaufen." erklärt er beim Betreten des Geschäfts und erwartet die sofortige Aufmerksamkeit aller Statistinnen, die sich noch darin aufhalten.
Männer vergessen auch oft, wem sie schon was erklärt haben. Dann tun sie es zwei- oder dreimal, und die zuhörende Frau fragt sich, ob sie noch ganz klar ist oder der genau gleiche Satz wirklich schon mehrmals gesagt wurde.
Was unbedingt zu beachten ist, liebe Damen: Was ein Mann erklärt, ist wichtig! Immer! Das gleiche gilt für seine Ankündigungen, auch wenn Ihnen der Inhalt banal erscheinen mag.

Erst gestern war ich Adressatin solch einer Proklamation. Der betreffende Herr baute sich vor mir auf, breitbeinig, Bauch rein, Brust raus, holte tief Luft und nahm seine Schultern nach hinten. Das dauerte einen Moment, aber dann erklärte er mit weit tragender Stimme: "Ich bekomme fünf Brötchen." Manchmal gebiert der erklärende Berg eben nur eine Maus. Das ist dem Berg aber nicht bewusst. 
Ich guckte entsprechende ehrfürchtig, lächelte freundlich und verkaufte ihm das Gewünschte. Danach stand er noch eine Weile mit zwei weiteren Herren und diskutierte das Tagesgeschehen.

Ja, liebe Leserin, wir leben im Jahr 2017, und Alice Schwarzer schrieb "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen" 1975. Wir sind emanzipiert, einige von uns können technische Geräte reparieren, und wählen dürfen wir seit 1919. (Das mit dem gleichen Gehalt für gleiche Arbeit kriegen wir später.) Trotzdem gilt auch heute noch: Wenn Sie Ihrem Mann etwas Gutes tun wollen, hören Sie ihm zu, nicken Sie zu dem, was er sagt, auch wenn Sie es besser wissen und kommentieren Sie es allenfalls mit "Ja, mein Lieber, Du hast bestimmt Recht!" Wenn Sie dabei noch bewundernd gucken, tragen Sie einen großen Teil zu einer glücklichen Partnerschaft bei.

Das, was Sie zu sagen haben, ist wahrscheinlich viel zu banal; oder glauben Sie wirklich, dass sich jemand, der gerade erklärt hat, wie er die U21 bei der EM aufgestellt hätte, dass der jüngst Zugezogene bei der Renovierung seines Hauses alles falsch macht und Angela Merkel in ihrem Kostüm wieder so Sch... aussah, Kapazitäten hat, um Ihren kleinen Geschichten über systemische Interventionen, die Klimaveränderung oder den Zusammenhang zwischen Sozialphobie und Amoklauf zuzuhören?

Er.

Sie.