Liebe Leserin, lieber Leser! Sie wissen ja, wie gern ich laufe. Sie wissen auch, dass ich gern lange laufe und dass ich dabei immer mal wieder vor mich hin denke, singe oder dichte.
Spaß zu haben ist ohnehin mein höchstes Ziel, und ich bin wild entschlossen, erstens auf meinem Totenbett rückblickend sagen zu können, dass ich soviel Spaß hatte wie möglich und zweitens alles sofort bleiben zu lassen, was mir keinen Spaß macht. Das kann man mir jetzt natürlich als Weicheierei und Weg des geringsten Widerstandes auslegen und mich sofort als werdenden Bayern-Fan bezichtigen. (Bitte tun Sie mir das nicht an!!!)
Bei meinem nächsten Lauf, der 45 Kilometer lang sein sollte, überkam mich bei Kilometer 27 die Erkenntnis, dass ich gerade überhaupt keinen Spaß habe. Also war ich konsequent, habe das Laufen eingestellt und mich genau da, wo ich gerade war, abholen lassen.
Aber damit war es noch nicht gut. Auf einmal fand ich Laufen anstrengend und stressig und sah nur noch eine zu erledigende Aufgabe auf meiner To-Do-Liste.
Als ich das gemerkt habe, ließ ich das Laufen erst einmal ganz bleiben und war sicher, dass der Spaß wiederkäme, je näher der nächste Marathon rückte.
Das passierte aber nicht. Ich hatte immer noch Stress. Die diversen Sklaventreiber in meinem Kopf gaben erst Ruhe, als ich beschloss, nicht anzutreten. Am Tag des Marathons bin ich also ganz gemütlich zuhause ein bisschen gejoggt - und auf einmal hat es auch wieder Spaß gemacht.
"Ha!" dachte sich prompt einer meiner inneren Antreiber. "Jetzt aber mal schnell nachgesehen, wann es den nächsten (Halb-)Marathon gibt, Trainingsplan geschrieben und ab dafür!"
Das lähmte mich wieder, und so bin ich seit ein paar Wochen immer nur Sonntags ein paar Kilometer gelaufen. Stattdessen habe ich dem Satansbraten beim Rennen zugesehen. Das war auch mal nett.
Jetzt frage ich mich allerdings ernsthaft, wer ich bin, wenn ich nicht laufe. Bin ich dann einfach nur eine Spaziergängerin mittleren Alters? So eine unter vielen? Eine, die sich beim Altern zusieht und dabei fett und faul wird? Oder werde ich eine große Philosophin, weil ich ja nicht mehr beim Laufen denke, sondern irgendwie von allein und im Sitzen? Und wenn es so wäre - müsste ich dann meine inneren Antreiber abmurksen, oder verschwinden die von allein? Und wenn die dann weg wären - hätte ich vielleicht doch wieder mehr Lust zum Laufen?
Wissen Sie was? Ich gehe jetzt mal laufen und höre damit auf, Ihnen die Ohren vollzujammern. Wird mir gut tun. Ihnen bestimmt auch.
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