Meine erste Begegnung heute, drei Tage vor Heiligabend, war die ältere Dame, die morgens Prospekte verteilt. Es ist kurz nach 4.00 Uhr, und sie kommt nicht an den Briefkasten heran, weil mein Lieferwagen davor steht. Ich biete ihr an, die Prospekte für sie einzuwerfen. "Aber wirklich in den Briefkasten hineintun!" schärft sie mir ein. "Hier klauen sie sogar Prospekte!"
Auf meine Frage, wer denn so etwas täte, antwortet sie: "Das ist das Gesindel. Die kommen mit dem Zug." Ich bin baff. Wie weit ist es mit uns gekommen, wenn Gesindel aus der nächstgrößeren Stadt per Bahn anreist, um in unserem kleinen, beschaulichen Städtchen Prospekte zu klauen? Sodom und Gomorrha, ich sage es Ihnen! Wahrscheinlich wollen die noch Last-Minute-Geschenke kaufen und haben keine Ideen.
Später ereignete sich ein katastrophaler Vorfall. Der Zwetschenkuchen war weg. Es stellte sich heraus, dass er versehentlich an eine Filiale geliefert worden war (von mir), obwohl mir doch hätte klar sein müssen, dass er für den Verkauf durch eine geschätzte Kollegin hätte zurückgehalten werden müssen. Denn gerade jetzt, wo die Zwetschen aus waren und die Menschen unter Stollen- und Keksunverträglichkeit zu leiden beginnen, ist Zwetschenkuchen ein rares Gut. Entsprechend groß war die Empörung, dass ich den ihren unrechtmäßig weggeschleppt hatte.
Wäre sie ein nordhessischer Donald Trump, wir hätten jetzt Krieg. So konnte ich sie besänftigen, indem ich für exakt ein Blech Zwetschenkuchen 11 Kilometer gefahren bin. Mit dem großen Lieferwagen. Das Blech muss sich voll wichtig gefühlt haben.
Ja, das Fest der Liebe wirft seine langen Schatten voraus!
Kurz vor Feierabend bekam ich noch gesagt, dass mann schwul geworden wäre, hätte mann mich in jungen Jahren kennengelernt. Mann ist klein, dick, mit schwindender Haarpracht und Bluthochdruck gesegnet. Im Schatten des Festes der Liebe still vor mich hinstrahlend habe ich mich entschieden, ihn totzuknutschen. Das war eklig.
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