Was ehrliche Arbeit und Investmentbanking miteinander zu tun haben

Wenn ich morgens meinen Lieferwagen mit Backwaren belade, ist er voll. Dann chauffiere ich Brötchen, Brot und Kuchen nach A und B und manchmal auch noch X. Wenn ich in X fertig bin, ist der Lieferwagen leer. Dann habe ich Feierabend. Punkt. 


Das ist ehrliche Arbeit. Es wurde von den Bäckern etwas hergestellt, und ich durfte es zu hungrigen Menschen bringen - mit einem Umweg über die Läden. Wir haben sozusagen gemeinsam einen Mehrwert geschaffen: Satte, zufriedene Kunden, aufgegessene Backwaren und neues Paniermehl, das aus den nicht aufgegessenen hergestellt wird.


Die Kollegen und ich haben am Ende des Arbeitstages eine Menge bewegt, sind etwas bemehlt und in der Regel zufrieden mit unserem Tagewerk. 

Wären wir zum Beispiel Investmentbanker oder Vorstandsvorsitzende bei der Deutschen Bank, würden wir nichts herstellen und auch nichts bewegen. Wir würden mit Einsen und Nullen jonglieren, was dazu führt, dass sich auf PC-, iPad- und Smartphone-Bildschirmen die Zahlen ändern und sich manche Menschen darüber freuen, während andere Teile ihrer Ersparnisse verlieren. Es gibt hinterher aber nicht mehr oder weniger von etwas, und niemand wird satt davon. Ganz im Gegenteil: Manchen Ländern und deren Einwohnern geht es wegen der Einsen und Nullen in ganz anderen Ländern schlechter als vorher. 
Dafür bekommen die Vorstandsvorsitzenden Geld, ganz egal, ob sie gut gearbeitet haben oder nicht. 

Wir bekommen auch Geld, obwohl manchmal ein Brötchen etwas klein oder ein Brot zu dunkel geraten ist. Viel weniger natürlich als ein Investmentbanker oder Vorstandsvorsitzender. Würden wir aber dauerhaft schlechte Arbeit abliefern, wäre die Bäckerei eines Tages pleite, weil die Kunden nichts mehr kaufen - und wir unsere Jobs los. Das könnte allerdings ebenso passieren, wenn wir großartige Arbeit leisten, weil sich jemand mit Einsen und Nullen vertan hat und es der gesamten Wirtschaft deswegen schlecht geht. So war das zum Beispiel 2007, als die große Bankenkrise begann.

Liefert ein Vorstandsvorsitzender schlechte Arbeit ab, bekommt er einen millionenschweren Bonus, während ein paar tausend Angestellte wegen der hohen Lohnkosten in Deutschland entlassen werden. Liefert ein ganzer Wirtschaftssektor (der Finanzsektor beispielsweise) schlechte Arbeit ab, müssen die Steuerzahler mehr Steuern
zahlen, damit die Banken das auch weiterhin tun können.

Das ist - vereinfacht dargestellt - der Unterschied zwischen ehrlicher und anderer Arbeit.