02 Juni 2018

17.05.2018: Etwas Langes über Staustehen

Wenn man so im Stau steht, kann man ja ... denken. Die Gedanken schweifen lassen. Ich Ostwestfalen steht man oft im Stau, insbesondere auf der B64, die von Ampeln gefühlt alle 500 Meter unterbrochen wird und an denen sich bei Rot gern größere Mengen von Fahrzeugen ansammeln. Diese Ampeln scheinen weder in Reihe geschaltet zu sein noch über eine Art grüne Welle zu verfügen. Ich habe eher die Theorie, dass dies eine der Methoden des Landstrichs Ostwestfalen-Lippe, kurz OWL ist, neue Einwohner zu bekommen. Die hoffen nämlich darauf, dass die Menschen nach stundenlangem Herumstehen vor diesen roten Ampeln die Nase voll haben, ihr Fahrzeug stehenlassen und sich in OWL nach einer Zweitwohnung umsehen - möglichst in Ampelnähe, um bei Grün ihr Gefährt wieder besteigen zu können.
Ja, so lange dauern Rotphasen in OWL!
Egal, ich stehe heute hier, weil Susi, mein Navi, mich nicht in den Stau auf der A33 stellen wollte, sondern mir eine "schnellere" Umfahrung anbot - die ich Volldeppin auch akzeptiert habe. Wahrscheinlich haben alle anderen Susis das ihren Herrchen und Frauchen auch gesagt, und so stehen wir jetzt hier, in Treue fest, und warten darauf, dass die nächste Ampel grün wird. Das ist höchst demokratisch, denn es ist vollkommen gleichgültig, ob es sich dabei um arbeitendes Volk im Sprinter, LKW oder Werkstattwagen handelt oder um Großkopferte im Cabriolet, SUV oder sonst einem hochpreisigen Gefährt. Vor mir Hochsauerlandkreis, hintendrauf einen S04-Aufkleber, hinter mir... Kann ich nicht sehen.

Autobahn, Rettungsgasse, Stau, Auto 

Ich versuche wieder einmal, ein wenig zu stretchen, weil ich durch die Sitzerei langsam Rücken bekomme, gucke rechts und links, ohne nach zwei Metern Vorrücken irgendeine Veränderung festzustellen und lese an jeder Brücke "Dienstweg nur für Befugte". Als ich das erste Mal an so einem Schild vorbeigefahren bin, hat mein Gehirn daraus "Dienstags nur für Befugte" gemacht, und ich habe mich gefragt, ob an allen anderen Tagen alle dürfen - was auch immer sie dürfen, wenn sie befugt sind.

Gegend ist hier. Viel Grün, ein umgefallenes Schild, ein Bauernhof. Links eine Lärmschutzwand. Nicht schön. Aber die auf der anderen Seite werden wahrscheinlich froh sein, dass es sie gibt.
Mein Navi sagt mir alle paar Minuten, wieviel länger es jetzt noch dauern wird, bis ich wieder am Lager des Eisdielengroßhändlers angekommen sein werde, und es zählt bei jedem Aufsagen noch ein paar Minuten hinzu. Das nervt.
Ich muss an meinen Lieblingspsychologen Robert Theodor Betz denken, der häufig in seinen Vorträgen über Staustehen philosophiert. Er sagt dazu: "Wenn das Leben will, das Sie im Stau stehen, dann stehen Sie im Stau. Machen Sie das Beste daraus!" So gesehen muss das Leben in OWL besonders viel zu sagen haben...

Was also will mein Leben? Dass ich den Stau genieße. Und Sie, liebe Leserin, lieber Leser, so Sie sich bis hierher durchgearbeitet haben, dürfen den Stau mit mir zusammen genießen. Ich lasse Sie heute getreulich an allen meinen Gedanken teilhaben und verspreche Ihnen, dass ich beim Abschreiben zuhause nichts auslassen werde.Sie werden mich so quasseln lesen, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Stellen Sie sich beim Lesen einfach noch vor, wie der staufreie Gegenverkehr an mir vorbeibraust.

Seltsam ist, dass ich mich überhaupt nicht aufrege heute. Meistens fange ich irgendwann an, mich zu ärgern, bestimmte Kennzeichen um mich herum in doof, blöd und noch blöder einzusortieren, meinen Vordermann unsympathisch zu finden und seine Bremsleuchten nervig, alle polnischen Lieferwagenfahrer auf den Mond zu wünschen, weil sie genau meine Straße versperren... Aber gerade ist es mir völlig wurscht. Okay, die einen fahren hektisch an, wenn es weitergeht, um nach ein paar Metern wieder eine Vollbremsung zu machen, andere dölmern ganz langsam los, rechts überholt mich gerade jemand auf einem Roller, ich glaube, der LKW vor mir will das aber nicht und fährt weiter nach rechts, damit der Rollerfahrer nicht an ihm vorbeikommt. Ist ja auch ein bisschen einzelkindmäßig: "Wenn ich nicht vorankomme, soll auch niemand sonst vorankommen. So. Bätschi!" Dabei ist das Quatsch. Wenn einer sich durchschlängeln kann, soll er das doch tun; ich komme doch nicht schneller oder langsamer voran, wenn er es nicht tut. Ist wahrscheinlich irgendwie deutsch.

11 km bis Salzkotten. Da gibt es im Winter einen Marathon. Wollte ich auch schon immer mal laufen. Man kann Runden laufen und einfach zwischendurch wieder aufhören. Oder war das woanders?

Lesen Sie wirklich, was ich hier schreibe? Bis hierher??? Ich meine, ich laber mir hier echt den Wolf.
Boah, es geht weiter, es geht weiter, wow, Glückshormone ausschütt!

Es löst sich auf, und das finde ich seltsam. Rote Ampel, Stau weg. Rechts und links ist jetzt der Stau. Wahrscheinlich die armen Deppen, denen das Navi noch eine andere Umfahrung angeboten hat.

Egal. Es fließt. Halleluja! Ich muss mich jetzt wieder auf den Verkehr konzentrieren und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

P.S.: Ich werde das jetzt auch nicht mehr auf Orthographie, Grammatik und Erzählfluss korrigieren. Wenn Sie Fehler finden, schreiben Sie mir. Oder freuen Sie sich, dass Sie die nicht gemacht haben.

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