26 Juni 2008

Zur Erinnerung: Der Einsame Cowboy.

Ab heute werde ich in loser Folge verschiedene Charaktertypen vorstellen, wie ich sie aus eigener Anschauung kenne. Möglicherweise gibt es diese Charaktere sowohl in männlicher als auch in weiblicher Ausprägung; ich möchte mich hier nur mit der männlichen beschäftigen.
Übereinstimmungen mit lebenden Personen sind zwar nicht beabsichtigt, sollen aber auch nicht zwanghaft verhindert werden. Eventuelles Gemöhre sich betroffen Fühlender kann gern als Kommentar hinterlassen werden. Ich bin in höchstem Maße lernwillig und nicht bereit, eine eventuell vorhandene Unfähigkeit meinerseits als Naturgesetz und unveränderbares Schicksal hinzunehmen.
Und natürlich bin ich noch immer polemisch. Erstens scheint es zur Zeit meine bevorzugte Sichtweise auf den Lauf der Welt im Allgemeinen und mein Leben im Besonderen zu sein, zweitens macht es mehr Spaß als sinnloses Gejammer über Zustände, die ICH nicht ändern kann, und drittens bin ich vor nicht allzu langer Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass Passivität, Pessimismus und Wehklagen sehr gut zusammenpassen, Polemik aber eher in den Bereich Optimismus, Aggressivität im positiven Sinne und Aktivität gehört.


Also:
Der einsame Cowboy.

Dieses recht scheue Exemplar der Gattung Mann tritt, wie der Name bereits sagt, in der Regel allein auf. Ein Leben im Rudel oder im Familienverband ist ihm verhasst. Manchmal tarnt er sich zwar als Familienmensch, wird dann aber selten in der gemeinsamen Höhle gesichtet, sondern hält sich so weit wie möglich ausserhalb auf.
Ein weiteres Merkmal des einsamen Cowboys ist sein sehr schwach ausgeprägter Kommunikationsdrang. Er spricht zwar, aber nie über sich, sondern eher über Politik, die Weltwirtschaft oder die Bundesliga. Auskünfte über sich selbst, seine Befindlichkeit und seine Gefühlslage erteilt er nur unter Zwang und selbst dann eher sporadisch.

Vor einigen Jahrzehnten wurde der einsame Cowboy oft und gern in Filmen gezeigt, in denen er sich entweder für den besten Kumpel, die gute Sache oder ein Pferd opferte. Manchmal opferte er auch sein Pferd. Wortlos. Frauen spielen im Leben dieses Exemplars nur eine untergeordnete Rolle. In filmischer Darstellung sind sie die hysterischen Zicken, die "Bleib bei mir!" kreischen und sich in Bauchlage an seinen Fußknöcheln festklammern, in der Realität sind es Frauen mit einem nahezu unglaublichen Optimismus und Durchhaltevermögen (ich bezeichne es auch gern als sträfliche Blödheit), die auch nach Jahren der Schweigsamkeit noch immer glauben, ihn zum Reden bringen zu können, anstatt ihre Zeit sinnvoll zu nutzen, zum Beispiel mit der Lektüre eines guten Buches.

Der einsame Cowboy unseres modernen Zeitalters ist häufig ein Workoholic, der entweder einen so ineffektiven Arbeitsrhythmus kultiviert hat oder nicht in der Lage ist zu delegieren, dass er deshalb regelmäßig Überstunden und Wochenendarbeit ansetzen muss. Beobachtet man ihn jedoch genauer, wird man feststellen, dass diese Mehrarbeit eher den Grund hat, sich jeder Kommunikation, die über Small-Talk hinausgeht, zu entziehen aus Angst, man könnte ihn fragen, wie es ihm geht.
Dieses Exemplar leidet häufig an Magengeschwüren, raucht und säuft und erliegt noch im relativ jungen Alter einem Herzleiden.

Eine Unterart findet man manchmal in WGs, die dann den oben erwähnten Familienverband ersetzen. Diese einsamen Cowboys scheinen auf den ersten Blick sehr sozialisiert, sie machen den Haushalt, kochen und helfen älteren Menschen über die Straße. Das ist jedoch ein klassisches Tarnverhalten. Sie suggerieren damit Beziehungskompatibilität, oft locken sie so auch ein Weibchen an, und weil sie sehr viel reden, merkt die Betroffene erst sehr spät, dass sie eigentlich nichts sagen.
Da diese Art sich aber durch ein ansonsten eher gesundheitsorientiertes Verhalten auszeichnet, ist die Wahrscheinlichkeit eines frühen Todes eher gering. Man darf sich allerdings die Frage stellen, ob das Alter für den einsamen Cowboy egal welcher Unterart sehr viel Freude bereithält. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihren Lebensabend einsam in einer Höhle verbringen und nur durch den Konsum weicher Drogen das eine oder andere Endorphin produzieren können, ist leider relativ hoch.

Allerdings muss ich zugestehen, dass die Gefühlswelt des einsamen Cowboys nur sehr unzureichend erforscht ist, da er flüchtet, sobald ihm eine Frage in dieser Richtung gestellt wird. Wir sind also nach wie vor auf das Beobachten seines Verhaltens angewiesen. Alle Annahmen, die sich mit seinem Seelenleben beschäftigen, sind reine Spekulation.

2 Kommentare:

  1. wwaallaaIch habe diesen Blog ein paar Mal gelesen. Erstens, weil die Worte Tod, sterben, Beerdigung und so weiter nicht drin vorkommen, und zweitens weil sehr vieles auf mich zutrifft.

    Ich bin zwar kein Cowboy, aber auf eine Art, die nur wenige bemerken sehr einsam. Vieles, was Du geschrieben hast sind Halbwahrheiten, einiges wäre zu ergänzen, manches wegzulassen. Aber Vieles stimmt.

    Hat mal jemand gefragt, warum einsame Cowboys einsam und warum sie Cowboys sind ? Vielleicht sind sie es auch deswegen.

    Ich bin nicht scheu, suchtgefährdet, manchmal workoholic, manchmal lethargisch. Ich bin zu aggressiv, manchmal nicht entschlossen genug. Ich bin in jedem Fall nicht anpassungsfähig, kenne keinerlei Autoritäten an, bin großzägig, verschwenderisch, sensibel, nicht wehleidig. Ich opfere keine Pferde. aber ich habe viel wertvolleres aufs spiel gesetzt. verspielt. Dafür hasse ich mich. Ich besitze aber auch sehr viel. Wundervolle Eltern zum Beispiel.

    Cowboy ? Ich glaube, ich möchte gern Cowboy sein, aber in der jetzigen Zeit sind Cowboys Verlierer. Sie passen nicht mehr in unsere Welt, die zu schnellebig geworden ist, als das sie schön sein könnte.

    Du bist auch ein bißchen Cowboy. Der sensible Typ Cowboy. Der am Feuer sitzt und sich besäuft, weil man gerade seine Herde verkauft hat. Der mit großen Augen in die Flammen schaut, raucht, säuft, weint, und erkennen muß, daß der monatelang Treck vorbei ist. Die Kühe, die er alle beim Vornamen kannte, sind nicht mehr bei ihm sondern im Schlachthof. Er hat seinen job gemacht, aber die Köhe sind weg.

    Er muß sich jetzt neue Kühe suchen. Und weil er seinen Job gut gemacht hat, wird er sehr bald welche finden.

    Eines noch zum Schluß: Du bist nicht lernwillig.

    Traumzauberer

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  2. entschuldige die vielen Rechtsschreibfahler. Es ist diese gottverdammte neue Tastatur, an die ich mich nicht gewöhnen kann.

    Traumzauberer

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