24 Juni 2008

Ein weiblicher Fahrradrowdy beim Gedankenwandern

Kürzlich wurde ich gefragt, was ich denn genommen hätte, als ich einen meiner beiden Viertelmond-Posts geschrieben habe. Nichts ausser Riesling übrigens.

Auch heute hätte man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geargwöhnt, dass ich manisch, auf EPO oder sonstwie bedrogt bin. Möglicherweise macht eine breit grinsende Person, die sehr schnell auf dem Fahrrad unterwegs ist, Vorwegfahrende anbrüllt: "Ich überhole rechts!!!" und sich nach erfolgreichem Überholvorgang (Das Aas hatte mich vorher mit einem blöden 5-Gang-Herrenrad an der Ampel abgehängt! Unsympath! Elender Medizinstudent!) in stiller Freude selbst den Mittelfinger zeigt, einen leicht manischen Eindruck. Aber besser manisch als depressiv, oder? Und vor allem: Besser schnelles als meditatives Radfahren, finde ich.

Inzwischen entdecke ich nämlich den Fahrrad-Rowdy in mir. Gibt es das auch in weiblicher Form? Egal. Es macht mir Spaß, irgendwelche Schnarchtatzen, die die gesamte Breite des Radweges einnehmen, auf der Straße zu überholen, um dann kurz vor ihnen wieder mit Schwung auf den Radweg zurückzukehren. Oder dösige Fußgängerinnen anzubrüllen, die mehr mit Näschenpudern als mit Gucken beschäftigt sind. Heute ist so eine junge Dame mir fast vors Fahrrad gelaufen, weil sie mitten auf der Straße mit dem Blick ins Puderspiegelchen beschäftigt war. Nach meiner geräuschvollen Vollbremsung schaute sie mich mit diesem albernen Kindchenblick an, der für einen normalbegabten Herren wahrscheinlich ausreicht und ihn umgehend mit ihrem Verhalten versöhnt, vorausgesetzt, er darf ihr auch noch kurz auf den Busen schauen. ICH bin aber kein Kerl, also habe ich ihr zugerufen, dass Augen nicht nur zum Schminken gut sind. Das tat gut. Ich HASSE Kindchenblicke bei erwachsenen Frauen! Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum die meisten Frauen immer noch weniger verdienen als die meisten Männer.

Wie bin ich denn jetzt darauf gekommen?

Aber wenn ich schonmal dabei bin: Auch wenn ich die Quelle nicht mehr nennen kann, so stand doch kürzlich bei Google-News zu lesen, das es laut einer Untersuchung in Deutschland immer noch sehr wenig Frauen in Führungspositionen gibt. Das wissen wir ja, und das liegt vielleicht daran, dass wir nicht so tolldreist wie die Ackermänner dieses Landes sind oder nicht bereit, für den Manager und Vorgestzten unseres Vertrauens eine Adduktorendehnung in Rückenlage durchzuführen, um weiterzukommen.
Was mich mehr erstaunt hat, war der Hinweis darauf, dass Frauen im Durchschnitt einen wesentlich besseren Studienabschluss vorweisen können, Männer aber den größeren Prozentsatz der Professuren und Forschungsstellen innehaben. Wahrscheinlich haben die Jungs schon verhandelt, als wir noch über unseren Haus- und Seminararbeiten gesessen haben.
Was mich nicht erstaunt hat, war die Tatsache, dass unser geliebtes VATERland auch in diesem Bereich eher rückständig ist und unter anderem von Frankreich, Schweden, Dänemark, Norwegen, Niederlande, ... längst abgehängt wurde. Vielleicht sollten sich Frau Merkel und Frau Von der Leyen weniger um ihr neues Outfit und günstige Flüge und mehr um ihre Geschlechtsgenossinnen kümmern?
Oder wir machen es (perfekte Optik vorausgesetzt) so wie Carla Bruni: Wir suchen uns einen herumstreunenden Präsidenten oder sonst ein hohes Tier, lassen ihn diesen Zettel unterschreiben, auf dem steht, dass er im Falle des Misserfolgs eine Menge Geld loswird und machen ihn zum Affen, indem wir leise Liedchen hauchen, Pressemeldungen lancieren oder in Interviews viel dummes Zeug reden.

Ich hätte da andere Ideen. Die sind allerdings recht radikal und blutrünstig und gehören nicht hierher. Falls aber jemand zuhause die eine oder andere Axt, eine ausgemusterte Kalaschnikow und ein paar funktionstüchtige Handgranaten findet und mir kostenfrei zur Verfügung stellt, erzähle ich in ein paar Tagen gern, wie es war.

Jetzt kann ich auch einen eleganten Schlenker zu Vorratsdatenspeicherung und Internetbespitzelung machen: Liebe Herren vom BKA, hochverehrter Herr Schäuble, das war ein Witz! In Nicht-Geheimdienstkreisen nennt man das Satire. Falls Sie also gerade das WWW nach Stichwörtern wie .... absuchen: ICH WARS NICHT! Ich war heute viel auf dem Fahrrad unterwegs und habe besagte Schnarchtatzen erschreckt. Ich bin harmlos. Meistens. Falls Sie jedoch zu einer anderen Ansicht kommen sollten, würde ich bitte gern mein Laptop und meinen MP3-Player mitnehmen. Und meine Laufschuhe. Den Flexi-Bar und die Yogamatte. Mein Tagebuch und meinen Denkstift. Bücher natürlich auch. Gibt es dort, wo Sie mich hinbringen wollen, ein Laufband und Kurzhanteln in ausreichender Zahl? Oder hätte ich zum Training gar keine Zeit, weil ich psychogefoltert werde? (Aber das gibt es ja in Deutschland gar nicht. Statt Folter haben wir Chancengleichheit.)

Bevor man mich jetzt als gefährlich, weil völlig ausser Kontrolle einstuft und an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelt, höre ich lieber auf. Oder schreibe ein Gedicht über zwitschernde Vögel und vogelfressende, vögelnde Katzen. Oder über die türkische Nationalmannschaft. Was reimt sich auf Altintop? Oder auf Rüstü Recber? Wie wäre es mit Emre Belözoglu?

Gute Nacht, viel Spaß beim Vogelkonzert und der Vorfreude auf morgen. Da ist nämlich Mittwoch, ffn schneidet die Woche durch, meine KollegInnen im Fitnessclub machen Bergfrühstück (der Gipfel ist erreicht, nur noch der Abstieg in Richtung Wochenende ist zu erledigen), und ich werde

MICH INS ALTE ECK SETZEN UND MIR DAS HALBFINALE ANSEHEN!

Auch das gehört zu meinem frischangezogenen, farbigen, neuen Gefühl: Sinnlos, aber spaßig.

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