21 August 2008

Traumausverkauf, unbeabsichtigt

Der Film heisst "The Wind that shakes the Barley". Keine Ahnung, was "Barley" heisst. Der Film handelt von einem Menschen, der für seine Überzeugung stirbt. Ein anderer hat sich erst die Fingernägel herausreissen lassen und dann eine Uniform angezogen, weil er glaubte, dass die gleiche Sache in anderer Uniform eine andere sei. Geht es schlimmer? Sich foltern lassen, um dann auf die Seite des Feindes zu wechseln und dabei zu denken, man hätte gewonnen? Seinen Bruder zu töten, weil man an eine Sache glaubt, die nichts mit dem ursprünglichen Traum zu tun hat? Seine Seele zu verkaufen für eine Idee, die möglicherweise eine fixe war? Kämpfen für Freiheit, um dann die ehemaligen Kameraden aus Machterhaltungsgründen zu erschießen?

Der Film spielt 1920. Würde heute noch jemand für seine Überzeugung zu sterben bereit sein? Folter erdulden ohne Werbeunterbrechung?

Ich träume von einem klaren Himmel, von leuchtenden Sternen. Was bin ich bereit zu tun, um meine Träume zu verteidigen? Was wäre, wenn mir jemand erklärte, dass ich nicht mehr viel Zeit habe? Würde ich das als inspirierenden Kampf ansehen? Würde ich Freunde anrufen, um ihnen zu sagen, wieviel sie mir wert sind? Würde ich Blumen mit neuen Augen sehen, oder wäre alles nur eine Erinnerung an die Vergänglichkeit? Würde ich weiter den Weg des geringsten Widerstandes gehen?

Mir fallen dauernd Filme ein. "Deep Impact". Da überlässt die Journalistin ihren Platz in der Geschichte einer Kollegin mit kleiner Tochter. Begibt sich zum Sommerhaus der geschiedenen Eltern. (Die Mutter ist bereits gestorben, sie war entschlussfreudiger.) Steht mit ihrem Vater, den sie zu hassen glaubte, am Strand, flüchtet sich in seine Arme, sagt: "Papa, ich habe Angst!" Sie sterben beide in der Welle.
Hätte ich den Mut, meinen Platz der Mutter mit Kind zu überlassen, auch wenn der Preis mein Leben wäre? Würde ich am Strand stehen und auf die Welle warten, oder wäre ich betrunken, weil ich die Angst nicht ausgehalten habe? Und wenn, was wäre Schlimmes an einer Flasche Single Malt angesichts des bevorstehenden Weltuntergangs?
Welcher Welt?

Würden wir überhaupt merken, wenn die Welt untergeht, oder wären wir mit Gerichtsshows und dem Verbuddeln unerwünschter Säuglinge beschäftigt? Vielleicht auch mit dem Verkauf von Mitgliedschaften, Versicherungen, Autos, Idealen, Pulsmessern und unseren eigenen Träumen? Vielleicht sind wir gar nicht böse, sondern haben einfach nur Angst? Vielleicht sind wir gar nicht egoistisch, sondern suchen nur Sicherheit? Vielleicht tun wir, was wir tun, weil wir nicht anders, nicht besser können? Und woher nehmen wir dann die Gewissheit zu sagen, dass unser Tun falsch sei? Woher nehmen wir die Sicherheit, an unser eigenes Tun zu glauben?

Das Leben ist unglaublich schnell zuende. Pläne stellen sich im Bruchteil einer Sekunde als nicht realisierbar heraus. Träume werden zu Krebs. Die Sonne verdunkelt sich.

Spätestens jetzt ist Mut gefragt.

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