16 Oktober 2008

Ich und meine Meinung

Gerade habe ich einen wirklich bösen Text begonnen zu schreiben. Habe dann gemerkt, was ich da tue, und alles wieder gelöscht. Ich will nämlich nicht böse, sondern nett sein. Sozialverträglich. Wenn ich aber zicke und meine Meinung allzu deutlich in die Welt posaune, hat mich niemand lieb, und ich sitze einsam und allein mit meiner Meinung auf der Couch. Und eine Meinung kann man zwar haben, aber sie redet nicht mit einem. Man kann nur mit anderen über seine Meinung reden, aber genau das führt dann eben dazu, dass man mit ihr allein bleibt.
Will ich den Rest meines Lebens mit meiner Meinung verbringen? Kann ich mir vorstellen, dass sie in guten und in schlechten Zeiten, in Reichtum und in Armut, in Krankheit und Gesundheit auf meiner Couch sitzt? Neben mir? Dass sie jeden Abend mit mir ins Bett geht und jeden Morgen mit mir Kaffee trinkt? Habe ich meine Meinung so lieb, dass ich auf alles andere verzichten würde, um ihr Platz und Gehör zu verschaffen?

Was ist, wenn ich mich in jemanden verliebe, der mich zwar großartig findet, aber meine Meinung nicht mag? Dann hinterlässt der gerade eben noch aussichtsreiche Kandidat für ein gemeinsames Leben nur noch eine Staubwolke. Dabei finde ich, dass mir meine Meinung gestohlen bleiben kann, wenn sie nur Stress und Unruhe verursacht! Ich brauche keine Meinung, ich brauche Ruhe! Aber wo Meinung ist, fühlt Ruhe sich nicht wohl, und wo Ruhe ist, zickt Meinung rum und will mehr Aufmerksamkeit.

Was tun? Meinung behalten, dem Liebsten hinterherwinken und mit Meinung traurige DVDs anschauen? Oder Meinung in die Wüste schicken, um irgendwie kompatibel zu sein? Noch besser: Meinung regelmäßig gegen eine andere tauschen; das macht das Leben leichter und lockt vielleicht auch Ruhe wieder herbei.

Ach, ich weiss es nicht! Eigentlich habe ich meine Meinung ja lieb. Wenn sie nur nicht immer vertreten werden wollte...

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