05 Mai 2009

Zu alt? Oder alt genug?

Heute habe ich einige Zeit im Wartezimmer verbracht. Dort ist mir eine ältere "Brigitte"-Ausgabe in die Hände gefallen, in der Interviews mit Frauen über 90 zu lesen waren. Fotos gab es auch. Lebendige Augen hatten sie alle, ebenso Interesse am Leben und dem ganzen Rest. Ich fand sie sehr attraktiv.
Bei DSDS würden sie wahrscheinlich nicht mehr genommen. Ich glaube, die Teilnehmerinnen dort dürfen auf gar keinen Fall älter als ein Viertel der Jahre von Dieter Bohlen sein.

In welchem Verhältnis steht die Lebenserfahrung dieser "alten Damen" zu meiner Angst vor frühzeitigem Schrumpel meines neuen Tattoos?
Wie ist mein Kampf gegen den an meinen Muskeln und Gelenken nagenden Zeitzahn zu sehen vor dem Hintergrund aufgespritzter Lippen, zu Grimassen verzerrter Gesichter und auf unnatürliche Weise entstandenen Körbchengrößen?

Viele hatten nach "The Hours" die Hoffnung, dass Nicole Kidman Mut zum Altern beweisen könnte. Heute schenkt sie den Fotografen ein eingefrorenes Botox-Grinsen.

Wo ist das richtige Verhältnis?

Ist jemand über 50 zu alt für eine neue Arbeit? Oder jemand knapp darunter ein Sozialschmarotzer, weil er sich weigert, als unterbezahlter Zeitarbeiter Knochenarbeit zu leisten, wenn er doch ganz andere Dinge tun könnte, wenn die ARGE ihn liesse?
Wo ist die Grenze zwischen Angst vor dem Verfall und dem natürlichen Selbsterhaltungstrieb? Wo ist der Stolz auf die im Leben errungene Weisheit? Und wo die Freude über die lachend verdienten Fältchen?
Warum bewundere ich eine 90-Jährige und wünsche mir gleichzeitig einen früheren Tod?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen