09 Oktober 2010

Die Gnade der frühen Geburt

Wenn ich in der Umkleide der Fitnesshalle stehe, kann ich mit geschlossenen Augen sagen, wie alt die Person, die da hereinkommt, ungefähr sein muss. Höre ich ein "Guten Tag", "Guten Morgen", "Hallo", ist sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deutlich über 35. Höre ich nichts, sondern sehe ein Wesen in zu engen Hüftjeans mit Schwabbel über dem Bund und heruntergezogenen Mundwinkeln hereinschlurfen, ist sie recht sicher unter 25. Dazwischen gibt es unterschiedliche Varianten.

Die U-25-jährigen riecht man auch. Sie bevorzugen süße Düfte und besprühen sich mit soviel Deo, dass es bei Aldi Nord für eine Menge Sonderangebote reichen würde.

Damit könnte ich leben. Womit ich ein echtes Problem habe, sind all diese Hasen, die an SEINER Seite den Weg in die Fitnesshalle gefunden haben. Da wird auf Hantelbänken herumgesessen, das Ausdauergerät für IHN geputzt; möglicherweise hat sie auch seinen Eiweißshake in ihrer überdimensionierten Handtasche.

Sie alle könnten meine Töchter sein. Wären sie es, hätten sie keine Zeit für die Fitnessbude. Sie müssten Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer (Das ist die, die jetzt immer im Fernsehen in albernen Spielshows auftritt und Werbung für die Bildzeitung gemacht hat. Früher war sie die unglaublich engagierte Herausgeberin der EMMA.) auswendig lernen, mindestens zehn Selbstverteidigungstechniken beherrschen und mir glaubwürdig versichern, dass sie jeden k.o. schlagen werden, der von ihnen verlangt, dass sie putzen.

Glücklicherweise habe ich weder Töchter noch Söhne. Ich darf still vor mich hin trainieren, muss niemanden wegsperren oder gar töten.

Das Leben weiß, was es tut.

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