11 Februar 2011

Ägypten

Es ist unglaublich lange her, seit ich dort lebte, man mich als Gast willkommen hieß. Seit ich duldsame Menschen kennengelernt habe, deren Lieblingsworte übersetzt bedeuteten "So Gott will." oder "Shit happens." Diese Menschen haben gerade eine Revolution gemacht - gewaltfrei, friedlich. Da haben die unterschiedlichsten Gruppen sich zusammengetan für ein Ziel, haben gemeinsam gesungen, gefeiert, protestiert.
Ich wäre unglaublich gern dort gewesen. Ich hätte unglaublich gern in diese hoffnungsvollen, strahlenden, kämpferischen Augen geschaut. Ich wäre unglaublich gern ein Teil dieser Kraft gewesen.
Ich muss gestehen, dass mir die Tränen in die Augen treten, wenn ich Bilder dieser friedlichen Revolution sehe, dass mich diese Revolution weit mehr berührt als die Montagsdemonstrationen von Leipzig. Ich habe vor vielen Jahren dieselben Menschen demütig anstehen sehen für Wasser oder Brot, habe ihnen zugehört, wenn sie ihren Präsidenten wie einen Gott in den Himmel hoben.
Was mag möglich sein, wenn DAS möglich ist? Wieviele Träume könnten in Erfüllung gehen mit DIESER Energie?
Wo sind die Millionen ALG-II-Empfänger, die nach Berlin ziehen und Schilder hochhalten?
Wo sind die Menschen, die damit aufhören zu reden und stattdessen tun?
Wo ist UNSER Protest?

Natürlich haben wir weder tunesische noch ägyptische noch spanische Verhältnisse; es geht uns gut. Wir bekommen ALG I und ALG II. Es geht aufwärts mit uns.

ABER.

Wir hängen gerade eine sehr große Zahl von Menschen ab, ohne uns auch nur einmal nach ihnen umzusehen.

Wo ist UNSER Tahrir-Platz?
Wo ist UNSERE Solidarität?
Wann verabschieden wir uns von UNSEREN Lippenbekenntnissen und bewegen unsere ÄRSCHE???

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