28 Juli 2011

Nachrichten aus der Anstalt - Tag 9

Eigentlich bin ich ja in höchstem Maße verdrossen; heute ist ein viel zu guter Tag: Die Sonne scheint, es ist genau richtig warm, meine Anwendungen waren effektiv und zielführend, zum Frühstück habe ich mir ausnahmsweise ein Butterbrötchen mit Marmelade gegönnt, das Mittagessen war richtig lecker, ich habe den "Terrainkurweg Nr. 3", der im Führer mit 4,6 km und einer Wanderzeit von 1,5 Stunden angegeben wird, in 40 Minuten geschafft, außerdem noch in der Sonne gesessen und beim Feldenkrais festgestellt, dass es unter all diesem Schrumpel noch den einen oder anderen Bauchmuskel gibt.

Wie soll man da in eine ordnungsgemäße Motzlaune kommen?

Glücklicherweise habe ich ja erstens meine Flurnachbarin, die mit ihrer einen und einzigen Anwendung pro Tag ein wenig unterfordert und extrem frustriert ist, und am Nebentisch sitzt gerade eine Altherrengruppe, die über einen nichtanwesenden Mitrehabilitanten lästert, beim geschätzt dritten großen Krombacher den Alkoholmissbrauch eines anderen unbekannten Kollegen diskutiert und Krankheitsgeschichten austauscht. "EINE Naht? Kinderkram! Ich habe eine 10-cm-Narbe! Guckst Du!"
"EIN Bypass? Ich hatte drei! Habe den Arzt gefragt, ob er mich verschrotten will. Und beim Herzkatheter durfte ich zugucken!"

Alle rauchen wie die Weltmeister, die Luft ist draußen schlechter als drinnen, und ich könnte mich der allgemeinen Maulerei anschließen. Will ich aber nicht. Außerdem spreche ich weder weißrussisch noch friesisch.

Aber mit etwas Glück ist morgen wieder Mistwetter. Außerdem habe ich Visite. Da gibt es dann bestimmt wieder den einen oder anderen Aufreger.

Heute muss ich wohl den Tag genießen; nützt alles nichts.

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