15 Oktober 2013

ÖPNV ist böse!

Ich habe einen Bildungsurlaub mit dem verheißungsvollen Titel "Mensch ärgere Dich nicht! Aktives Stressmanagement" gebucht. In Hannover. Hannover ist nicht so schlimm wie Berlin und macht mir auch nicht so viel Angst wie die Bundeshauptstadt. Immerhin sind dort (in Berlin) mehr Menschen auf einem U-Bahnhof als in Witzenhausen wohnen. Nein, Hannover ist mir vertraut, ich kenne mich gut aus und bin bestens orientiert. Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sieht das ganz anders aus, wie ich gestern herausfinden durfte.

Ein Bildungsurlaub zum aktiven Stressmanagement sollte ja nicht mit Stress anfangen, also sind der Liebste und ich frühzeitig gestartet. Und weil wir so früh dran waren wie alle anderen, waren wir später dran als geplant. Wäre mein Zug um 9:00 Uhr statt um 7:43 Uhr gestartet, hätte die übliche halbe Stunde wahrscheinlich gereicht. Nicht gestern, und deswegen hatte ich schon Stress, bevor ich überhaupt mit dem aktiven Management anfangen konnte.

Acht Minuten vor Abfahrt des Zuges erreichten wir den Bahnhof, und ich hätte mich entspannen können, wenn es auf dem Bahnsteig nicht so verdammt zugig gewesen wäre. Dann Koffer in den Zug geschleppt, Sitzplatz gesucht, eine halbe Stunde später wieder ausgestiegen. Hannover Hauptbahnhof. Irgendwo hier soll es eine U-Bahn geben. Warum also steht "S1", in die ich nach meiner Beschreibung einsteigen soll, an Bahnsteig 2, und warum steht da "Minden" drauf? Naja, wird schon richtig sein, die hält wahrscheinlich an ein paar Haltestellen im Stadtgebiet. Keine Ahnung, ob das Bildungszentrum in der Richtung liegt. Aber an dem verdammten Zug steht "S1", und da soll ich rein.

Ein paar Minuten später. "Hannover Nordstadt". Ich frage sicherheitshalber einen Mitreisenden, der mich groß anguckt und sagt: "Der hält in Hannover nicht nochmal, der fährt jetzt durch." Ich also meinen Koffer aus dem Zug geschleppt, zehn Minuten am Bahnsteig "Hannover Nordstadt" gefroren und in die nächste "S1" wieder eingestiegen.

Hannover Hauptbahnhof. Zweiter Versuch. Vielleicht sollte ich eine Taxe nehmen? Damit kenne ich mich wenigstens aus, und finden sollte ich auch eine. Aber nein, so schnell gibt Guapa nicht auf! Nachdem ich also den Hauptbahnhof erfolglos nach einer U-Bahn durchsucht hatte, bewegte ich mich Richtung Ausgang. Und dort, fünfzig Meter entfernt, fand ich Rettung in Gestalt eines ÖPNV-Fahrkartenverkaufshäuschens. (Glaubte ich zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch.) Der freundliche Herr erklärte mir auf meine Frage, wie ich zur S1 und dem dazugehörigen Aegidientorplatz komme (Warum frage ich Volltrottelin eigentlich nicht gleich nach meinem eigentlichen Fahrtziel, sondern nur nach der zweiten Zwischenstation?): "Da gehen Sie in die Paserelle und ein paar Meter zu Fuß. Da finden Sie das Kröpke, und von da steigen Sie in die U-Bahn ein. Aber bis zum Aegidientorplatz können Sie auch zu Fuß gehen." Sieht der Kerl nicht, dass ich mich schon halbtot geschleppt habe und nicht mehr laufen will?

Ich stapfte also wieder los und zog meinen schwerer werdenden Koffer hinter mir her. Treppe runter, Paserelle. Nach langer, langer Wanderung ein Schild, das zur U-Bahn weist und interessanterweise auch meine nächsten beiden Verbindungen, nämlich S4 und S5 aufzählt. Koffer aufgenommen, Treppe runter. Nein, ich muss noch weiter. Scheißbeschilderung. Noch eine Treppe runter. Da steht "S4 - Garbsen" und "S5 - habe ich vergessen". Bei beiden dachte ich, dass es irgendwie nicht nach der richtigen Richtung klänge. Garbsen ist doch fast im Deister, und ich wollte in den Stadtwald! Sicherheitshalber stieg ich nicht ein und fragte eine freundlich aussehende ältere Dame nach dem Weg. "Spresche ich nur wenick Deutsch." bekam ich zu hören und fragte die nächste. "Da müssen Sie auf den Bahnsteig gegenüber." gab sie mir Auskunft, und ich wunderte mich darüber, dass ich das Schild nicht gesehen hatte. Scheißbeschilderung.

Also Koffer hochgenommen, ein paar Treppen hochgeschleppt, hinter mir hergezerrt, hochgenommen, ein paar Treppen runtergeschleppt. Und da kam sie: Die richtige Bahn! Natürlich war sie gerappelt voll, und ich musste stehen. Aber das sollte mir jetzt auch egal sein.

"Aktives Stressmanagement" - ich war bestens vorbereitet.

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