20 Januar 2014

Saunatourismus

... zwecks Abwechslung beim wochenendlichen Chillprogramm war der Plan und wurde gestern erstmalig umgesetzt. Es ging 30 Kilometer ostwärts durch blühende Landschaften, und wir waren voller Vorfreude und großer Erwartungen. Das erste Hindernis stellte sich uns kurz nach dem Ortsschild in den Weg, wobei "Hindernis" eigentlich das falsche Wort ist. Etwas, das man sucht, aber nicht sieht, ist kein Hindernis im engen Wortsinne. Denn der erste Saunafremdgang wäre fast an nicht vorhandener oder von uns nicht gesehener Beschilderung gescheitert. Glücklicherweise kannte sich das Smartphone einigermaßen aus und führte uns auf verschlungenen und unbeschilderten Straßen zu einem Hotel, und siehe da - der Eingang zur Therme tarnte sich als Hotelpforte. 

Zu diesem Zeitpunkt hätten wir umkehren und in die altvertraute Saunalandschaft flüchten sollen. Uns hatte aber die Entdeckungslust gepackt, und so lernten wir den Inhalt des Wegweisers am Hoteleingang auswendig, schlängelten über einen windigen Innenhof ins Nebengebäude, erhielten die Auskunft, dass Sonntags nur bis 21.00 Uhr geöffnet sei (kurze Zeit später sollten wir über diesen Umstand äußerst dankbar sein), zahlten das Eintrittsgeld, schlängelten uns wiederum, diesmal durch enge Flure und landeten dankbar in einer Familienumkleide, die mit zwei Personen gut gefüllt war.

Der Eindruck, dass man hier großen Wert darauf gelegt hatte, bei möglichst wenig Platzverbrauch möglichst viel anzubieten, sollte sich noch verfestigen, ebenso die Erkenntnis, dass es einem guten Fotografen möglich ist, eine Mücke als Elefant oder eine beschissen enge Sauna als Vergnügungspark zu tarnen.

Ich mache es kurz: Wir erlebten aufgeregt schnatternde Kinder (und deren Eltern) in der Farblichtsauna, einen leicht dumpfigen Geruch in der Erdsauna, brüllende Russen im Ruheraum und zu guter Letzt ein paar männliche Fans des örtlichen Fußballvereins, die sich in der Panoramasauna lautstark über den dortigen Trainermangel unterhielten.

Nach zweieinhalb Stunden verließen wir fluchtartig und ohne ein letztes Bier (der Liebste erklärte, dass er nicht gedenke, auch nur noch einen Cent dazulassen und ich stimmte ihm trotz meines Bierdursts zu) das Etablissement, wurden in der Umkleide noch eine Weile von deutschem Schlager beschallt und erklärten dem Kassenautomat am Ausgang, der uns freundlich anblinkte "Kommen Sie bald wieder!" unfreundlich und sehr bestimmt: "Auf gar keinen Fall!".

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