26 Mai 2017

Früher, als die Welt noch in Ordnung war und man wusste, wer in welchem Auto sitzt...

... da wusste man, dass in dem Audi hinter einem, der wie verrückt blinkte und die Lichthupe betätigte, entweder ein größenwahnsinniger Vertreter oder ein Chef auf dem Weg zum Meeting sitzt. Im Kleinwagen befand sich eine Mutti oder ein von seiner Mutti finanzierter Student, Kombis waren Handwerkern und Kleinfamilien vorbehalten, Lieferwagen wurden von Profis gefahren, wer in einem Mercedes saß, hatte Geld, und der rüstige Rentner tauschte seinen hochmotorisierten Wagen gegen Mittelklasse um. Außerdem wusste er genau, wann es an der Zeit war, seinen Führerschein abzugeben und fortan öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Junge männliche Menschen fuhren zu schnell und manche sich mit tiefergelegtem Golf tot. SUVs gab es nicht, seinen Weg fand man, indem man einen Straßenatlas konsultierte, und der Liter Benzin kostete eine Mark sechzehn.
Spätestens jetzt haben alle Menschen unter 35 weitergeklickt, weil sie keine Ahnung haben, wovon ich schreibe. 

Gestern, als mir erst ein ca. 15 Jahre alter Twingo mit defektem Abblendlicht auf der hinteren Stoßstange saß, ich kurz darauf einen auf der linken Spur dahinschleichenden A8 mit zwei baseballkappentragenden und telefonierenden Jungmännern rechts überholte, der polnische LKW neben mir neuer aussah als der deutscheniederländische dahinter und Susi vom Beifahrersitz aus quäkte: "Trotz etwas mehr Verkehr befindest du dich immer noch auf der besten Route!", wurde mir einmal mehr klar, dass diese Zeiten ein für allemal vorbei sind. Ich würde gleich von einem unzurechnungsfähigen studentischen Aushilfsfahrer im Sprinter bedrängt werden, für 20€ den Tank gerade mal soweit füllen können, dass die Reserveleuchte aufhört zu blinken, mich dann hinter einem riesigen Jeep einreihen, dessen 80-jähriger Fahrer angesichts der 2,1-Meter-Fahrbahn auf der Baustelle Angst hatte, den LKW neben sich zu überholen, aber auch zu starrsinnig war, auf die rechte Spur zu wechseln, beim Abfahren von einer Hausfrau im BMW rechts überholt werden und vor dem Supermarkt keinen Parkplatz mehr finden, weil jeder dort abgestellte SUV mindestens zwei benötigte.
Dann würde ich wissen, dass ich ein Auslaufmodell bin, das über kurz oder lang ausgestorben sein wird: Eine Autofahrerin mit Orientierungssinn, Antizipationsfähigkeit und dem Wissen, wo im Auto sich das Gaspedal befindet.
Glauben Sie mir: Die autofahrende Welt war wirklich einmal eine bessere!

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