Normalerweise war der kleine Racker immer an ihrer Seite, gleichgültig, was sie tat. Der Racker war ein vier Monate alter Schäferhund, der seit zwei Monaten alles Lebende im und um das Haus herum terrorisierte, zerkaute, was nicht in zwei Metern Höhe verstaut war und an dem die meisten Erziehungsversuche noch relativ spurlos vorübergegangen waren. "Sitz!" funktionierte recht gut, "Platz!" noch nicht, auf "Aus!" reagierte er, allerdings nicht allzu schnell und eher zufällig, wie böse Zungen behaupteten.
Heute, die Sonne schien, der ostfriesische Wind wehte über die vereinzelten Häuser, hatte sie beschlossen, ihre Wäsche nicht im Trockner, sondern an der frischen Luft zu trocknen.
Das hatte zwei Gründe: Erstens gab es dort, wo der Trockner stand, kleinfingergroße Käfer, zweitens fand sie den Geruch luftgetrockneter Wäsche angenehmer und hatte die Idee, dass auch der Sozialpartner eher dem Ruf eines nach frischer Luft duftenden Kissens als dem eines nach Weichspüler stinkenden folgen und - betört von "Eau de la Campagne" - seinen ehelichen Pflichten nachkommen würde.
Nach dem dritten Handtuch fiel ihr auf, dass es verdächtig ruhig war, niemand an ihren Füßen kaute, im Weg herumstand oder versuchte, ihr mit den Zähnen die Schuhe auszuzuiehen.
Sie schaute sich um. Der Racker war nicht zu sehen. Und das bedeutete in 90% aller Fälle Ungemach.
Sie verließ die Wäsche, ging ums Haus herum, warf einen Routineblick in den Hühnerstall und stellte fest, dass eines fehlte. Racker weg. Huhn weg. Sie sandte ein kurzes Stoßgebet in den quietschblauen Himmel: "Bitte lass es da keinen Zusammenhang geben!" und stürzte um die Ecke.
Und dort lag er, der Racker, hatte das Huhn wie einen Kauknochen zwischen seinen Vorderfüßen und war gerade dabei, dem Federvieh Bein Nummer eins auszureissen.
Frauchen brüllte siebenmal "Aus!", und als er das Bein amputiert hatte, gehorchte er prompt, ließ die Hühnerleiche liegen, wo sie war und marschierte ins Haus zum Fressnapf. Wahrscheinlich hatte die Beinkauerei Appetit auf eine ordentliche Mahlzeit gemacht.
Frauchen betrachtete den dahingeschiedenen Eierlieferanten, beschloss, Leichenbeseitigung sei Männersache und wandte sich wieder ihrer Wäsche zu, natürlich nicht, ohne den Racker wegzusperren. Die Leiche sollte möglichst im Ganzen bestattet werden.
Allerdings fand sie schon, dass das blöde Huhn selbst schuld hatte an seinem Tod - immerhin hatte es ja niemand dazu gezwungen, aus dem Hühnerstall auszubrechen und sich damit in Gefahr zu begeben.
Eine Obduktion wurde nicht vorgenommen, und so blieb die Todesursache zweifelhaft. Für Frauchen war jedoch klar, dass das Huhn sich beim Sprung über den Hühnerstallzaun den Hals gebrochen hatte und dem Racker schon tot vor die Füße gefallen war. Vielleicht war es auch einem Herzversagen erlegen. Einen Zweikampf Huhn gegen Hund, bei dem Huhn unterlegen war, hatte es mit Sicherheit nicht gegeben. Der Racker mochte Hühnerbeine ausreissen, ein psychopathischer Mörder war er garantiert nicht!
Diese kleine Geschichte ist eine ostfriesisch-südniersächsische Co-Produktion. Die mündliche Überlieferung stammt aus dem Norden, die Bearbeitung und einige (selbstverständlich unwahre) Ausschmückungen wurden im Süden Niedersachsens vorgenommen.
Heute, die Sonne schien, der ostfriesische Wind wehte über die vereinzelten Häuser, hatte sie beschlossen, ihre Wäsche nicht im Trockner, sondern an der frischen Luft zu trocknen.
Das hatte zwei Gründe: Erstens gab es dort, wo der Trockner stand, kleinfingergroße Käfer, zweitens fand sie den Geruch luftgetrockneter Wäsche angenehmer und hatte die Idee, dass auch der Sozialpartner eher dem Ruf eines nach frischer Luft duftenden Kissens als dem eines nach Weichspüler stinkenden folgen und - betört von "Eau de la Campagne" - seinen ehelichen Pflichten nachkommen würde.
Nach dem dritten Handtuch fiel ihr auf, dass es verdächtig ruhig war, niemand an ihren Füßen kaute, im Weg herumstand oder versuchte, ihr mit den Zähnen die Schuhe auszuzuiehen.
Sie schaute sich um. Der Racker war nicht zu sehen. Und das bedeutete in 90% aller Fälle Ungemach.
Sie verließ die Wäsche, ging ums Haus herum, warf einen Routineblick in den Hühnerstall und stellte fest, dass eines fehlte. Racker weg. Huhn weg. Sie sandte ein kurzes Stoßgebet in den quietschblauen Himmel: "Bitte lass es da keinen Zusammenhang geben!" und stürzte um die Ecke.
Und dort lag er, der Racker, hatte das Huhn wie einen Kauknochen zwischen seinen Vorderfüßen und war gerade dabei, dem Federvieh Bein Nummer eins auszureissen.
Frauchen brüllte siebenmal "Aus!", und als er das Bein amputiert hatte, gehorchte er prompt, ließ die Hühnerleiche liegen, wo sie war und marschierte ins Haus zum Fressnapf. Wahrscheinlich hatte die Beinkauerei Appetit auf eine ordentliche Mahlzeit gemacht.
Frauchen betrachtete den dahingeschiedenen Eierlieferanten, beschloss, Leichenbeseitigung sei Männersache und wandte sich wieder ihrer Wäsche zu, natürlich nicht, ohne den Racker wegzusperren. Die Leiche sollte möglichst im Ganzen bestattet werden.
Allerdings fand sie schon, dass das blöde Huhn selbst schuld hatte an seinem Tod - immerhin hatte es ja niemand dazu gezwungen, aus dem Hühnerstall auszubrechen und sich damit in Gefahr zu begeben.
Eine Obduktion wurde nicht vorgenommen, und so blieb die Todesursache zweifelhaft. Für Frauchen war jedoch klar, dass das Huhn sich beim Sprung über den Hühnerstallzaun den Hals gebrochen hatte und dem Racker schon tot vor die Füße gefallen war. Vielleicht war es auch einem Herzversagen erlegen. Einen Zweikampf Huhn gegen Hund, bei dem Huhn unterlegen war, hatte es mit Sicherheit nicht gegeben. Der Racker mochte Hühnerbeine ausreissen, ein psychopathischer Mörder war er garantiert nicht!
Diese kleine Geschichte ist eine ostfriesisch-südniersächsische Co-Produktion. Die mündliche Überlieferung stammt aus dem Norden, die Bearbeitung und einige (selbstverständlich unwahre) Ausschmückungen wurden im Süden Niedersachsens vorgenommen.
Nachtrag: Inzwischen ist man der Ansicht, das Huhn sei über den Zaun und direkt in den Rachen des mordlustigen Rackers gehüpft - es war nämlich nicht das erste Federvieh, mit dem er spielen wollte.
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