13 August 2012

Nacktschnecken

Nein, ich habe nicht die Absicht, eine Abhandlung über diese possierlichen Kriechtierchen zu schreiben! Ich möchte sie als Vergleich heranziehen für die Reaktionsgeschwindigkeit des gemeinen Göttinger Verkehrsteilnehmers. 

(Ja, geschätzter Kollege, ich meine Göttinger Verkehrsteilnehmer, nicht das bisweilen ebenfalls grenzdebile Völkchen 25 km weiter nördlich!)

Die sich täglich wiederholende Situation: Ich komme angefahren, zur Zeit in der Regel mit dem Fahrrad. Von weitem rufe ich den Fußgängern, die die gesamte Breite von Fuß- und Radweg einnehmen, zu: "Darf ich bitte vorbei?" Man beachte, dass ich das, was ich vorhabe, vorbildlich und nach allen Regeln der Gewaltfreien Kommunikation in eine Bitte kleide.
Was passiert aber? Man bleibt stehen. Dreht sich um. Glotzt mich an, als wäre ich grün und hätte kleine Antennen auf dem Kopf. Bewegt sich dann im Zeitlupentempo in alle möglichen, aber keine sinnvollen Richtungen. Und guckt dann noch verständnisloser, wenn ich diese Aktion mit einem "Gottverdammt, seid Ihr langsam!!!" quittiere.

Sind Vierbeiner im Spiel, wird es noch skurriler. Hund duckt sich mit eingekniffenem Schwanz ob meines Getöses an den Straßenrand (Recht so! Braver Hund!), Herrchen oder Frauchen schenken mir einen Blick, der jedem Massenmörder mildernde Umstände wegen nicht vorhandener Intelligenz einbringen würde, und bewegen sich... Keinen Millimeter!

Diese meine Litanei ließe sich endlos fortsetzen: Da ist der Autofahrer, für den die Tatsache, dass eine Radfahrerin auf dem quietschrot angemalten Weg und in der richtigen Fahrtrichtung daherkommt, ein ähnlich unerwartetes Wunder darstellt wie ein Sechser im Lotto. Direkt dahinter kommt der militante Langzeitstudent mit Korksandalen angefahren, der allein aufgrund seiner ökologischen Korrektheit den gesamten Radweg beansprucht. Und nicht vergessen wollen wir Frau Müller, 67 Jahre alt, die nach dem Tod ihres Ehemannes endlich selbst fahren darf, das aber überhaupt nicht kann. Frau Müller hört meine Beschimpfungen nicht einmal, weil sie vollkommen auf die Einhaltung der Verkehrsregeln konzentriert ist.

Kennen Sie den Witz mit der Schnecke? Der geht so: Es klingelt an der Tür. Der Wohnungsinhaber öffnet, sieht nach längerem Suchen eine Schnecke, mag keine Schnecken und befördert das Tier mit einem Tritt die Treppe hinunter.
Drei Monate später klingelt es wieder. Nach längerem Suchen entdeckt der Wohnungsinhaber die Schnecke. Die guckt zu ihm hoch und sagt vorwurfsvoll: "Was sollte das denn gerade eben?"

Der gemeine Göttinger Verkehrsteilnehmer reagiert deutlich langsamer.

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