11 Oktober 2017

Als ich kürzlich mehrfach versuchte, bei der Post ein Paket abzuholen

Ich hatte nämlich den kapitalen Fehler begangen, nicht zuhause zu sein, als mir der Paketdienst der Deutschen Post ein Päckchen zustellen wollte. Bisher hatte ich auch die Packstationen verweigert, weil ich nicht schuld daran sein wollte, dass Heerscharen von arbeitssuchenden Postangestellten in zerschlissenen blauen Hemden bettelnd am Straßenrand sitzen müssen.
Stattdessen fand ich ein Benachrichtigungskärtchen im Briefkasten, das mich aufforderte, nicht heute, aber innerhalb der nächsten sechs Werktage die hiesige Postfiliale aufzusuchen, um mein Päckchen abzuholen. Dies müsse ich persönlich und unter Vorlage eines Personalausweises tun oder eine andere Person dazu bevollmächtigen.
Ich entschied mich, dass die besagte Postfiliale auf meinem Weg zur Arbeit liegt und ich die Abholung selbst erledigen könne.
Als arbeitender Mensch, der zudem noch dem Dienstleistungsgedanken zugetan ist, bin ich von Öffnungszeiten ausgegangen, die mit denen der ortsansässigen Geschäfte korrespondieren und die auch Berufstätigen ermöglichen, ihre Erledigungen bei der Deutschen Post nach Feierabend vorzunehmen. Natürlich war mir klar, dass vor meinem Arbeitsbeginn noch kein Postangestellter sein blaues Hemd anziehen würde, und so freute mich um so mehr auf den Feierabend, der für Backwarenlieferanten häufig schon am früheren Vormittag beginnt.

Um 9:03 Uhr parkte ich in freudiger Erwartung vor der Postfiliale, betrat den Vorraum - und kam nicht weiter. Der massive Rollladen war noch heruntergelassen. Dem Schild mit den Öffnungszeiten entnahm ich, dass diese Filiale erst um 9:30 Uhr öffnen würde.

 Emotion, Briefkasten, Alt, Bundespost Blöderweise habe ich nicht weitergelesen, und das Päckchen geriet für ein paar Stunden in Vergessenheit, so dass ich erst einen Tag später den nächsten Versuch unternahm. Meine Uhr zeigte 17:45 Uhr, und ich beeilte mich, um vor der vermuteten Schließzeit am Schalter zu sein. 
Die Filiale war verriegelt und verrammelt. Ich schaute entgeistert auf das Schild mit den Öffnungszeiten und las es diesmal gründlich: Diese Filiale hatte von 9:30 - 12:30 Uhr und von 14:30 - 17:30 Uhr geöffnet. Wow.
Der Deutschen Post scheinen die Arbeitszeiten des Teils der Bevölkerung, der ohne blaues Hemd mit aufgesticktem Posthorn auskommen musste, piepegal zu sein. "Du willst ein Paket abholen? Nimm gefälligst einen Tag Urlaub!"
So informiert, begab ich mich am nächsten Tag - und dem letzten der auf der Karte genannten 6 Werktage - zu besagter Postfiliale. Meine Uhr zeigte 17:05 Uhr, und vor dem einzigen geöffneten Schalter befand sich eine Schlange, die bis kurz vor den Eingang reichte. Das erinnerte mich gleich an die Vorweihnachtstage früherer Zeiten, als die Post noch der einzige Paketdienstleister war und man viel Zeit für seine Erledigungen einplanen musste, weil Millionen von Menschen Pakete aufgaben, abholten, zurückgaben...  
Ich beschloss, irgendwie durchzuhalten und stellte mich hinten an. Kurz darauf tauchte hinter einem Regal wie durch ein Wunder eine weitere Angestellte im blauen Hemd mit Posthorn auf.
Postbotin, Figur, Lustig, Dekoration Die Dame hatte offensichtlich schon mit den Reinigungsarbeiten begonnen und kommentierte ihren unerwünschten Arbeitseinsatz hinter dem Schalter mit verdrehten Augen und einem Panzerabwehrgesicht.
Ich biss mir auf die Zähne. Nein, ich würde das jetzt nicht öffentlich kommentieren, sondern warten, bis ich sicher mit meiner neuen mobilen Festplatte wieder hinter meinem Schreibtisch angekommen war!
Ich legte also, als ich an der Reihe war, meine Abholkarte vor, entschied mich sicherheitshalber und ungeachtet stündlich steigender Briefportopreise, gleich auch noch ein paar Briefmarken zu erwerben, steckte diese in mein Portemonnaie und verließ zufrieden ob meiner Erledigungen die Postfiliale.
Dass ich das Päckchen am Schalter stehen gelassen hatte, merkte ich erst zuhause - um 17:31 Uhr...

Das ist auch der Grund, aus dem Sie diesen Post erst heute lesen, obwohl ich ihn schon letzte Woche geschrieben habe. Der Teufel ist ja bekanntlich ein Eichhörnchen, und Pferde kotzen vor Apotheken; möglich, dass die nette Dame mit dem blauen Hemd zu meinen Leserinnen gehört. Dann hätte die Odyssee meiner neuen mobilen Festplatte möglicherweise kein Ende, sondern einen ganz neuen Anfang gefunden.

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