Meine erste Tour beginnt deswegen um 3:30 Uhr. Man sollte meinen, dass um diese Uhrzeit noch nichts los ist - aber weit gefehlt! Auf der Straße und in den Dörfern tobt das pralle Leben: Waschbären kreuzen auf der Suche nach dem nächsten zu verwüstenden Vorgarten, Rehe stehen auf Wiesen herum und sind erstaunlich unbeeindruckt von meinem Fernlicht, der eine oder andere Hase hoppelt rechts oder links von mir über das Feld, heute früh schoss eine Fledermaus im Tiefflug an meinem Lieferwagen vorbei, und ab und zu zeigt sich auch einmal ein Fuchs. Heute hatte er seinen Auftritt mitten im Dorf, gleich neben der Schlachterei, die von mir beliefert wird. Während ich den Brotkorb höher stellte, fragte ich mich, ob Füchse springen können und wenn ja, wie hoch, und ob dieser hier wohl immer um diese Uhrzeit an der Schlachterei herumlungerte. Aus füchsischer Sicht war ja der Raub von Backwaren und Schlachteresten wesentlich weniger aufwändig als die Jagd nach Lebendfutter.
Katzen sind ohnehin immer unterwegs um diese Zeit; sie halten nachts und frühmorgens nämlich geheime, konspirative Treffen ab, deren einzige Inhalte "Übernahme der Weltherrschaft" und "Erziehung der zweibeinigen Dosenöffner" ist.
Falls Ihnen eingangs ein mitleidiger Gedanke wegen meiner Arbeitszeit gekommen sein mag, dürfen sie ihn getrost wieder schlafen schicken; ich bin damit sehr zufrieden. Die Welt gehört mir und den Vierbeinern, die Straßen sind ruhig, niemand geht mir mit schlechtem Benehmen oder stümperhaftem Fahrverhalten auf die Nerven, und wenn ich das Radio ausgeschaltet lasse, habe ich das Gefühl, alles sei in bester Ordnung.
Und wenn Sie jetzt die Idee haben, es auch einmal mit dem sehr frühen Aufstehen versuchen zu wollen: Lassen Sie das! Es sind meine Straßen und die der Waschbären, Füchse, Rehe, Katzen, Hasen...! Sie dürfen gern zur üblichen Bürozeit dazukommen und sich die Reste des Morgens mit den anderen Normalaufstehern teilen.
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