01 Juni 2009

Das Brötchen

Heute habe ich das erste Mal seit sehr langer Zeit "richtig" gefrühstückt. Mit Brötchen, Ei, Butter, Käse, Marmelade und allem Gedöns. Mein Frühstückspartner hatte die sehr interessante und mir bis dato noch unbekannte Angewohnheit, seine Brötchen nicht nur in Ober- und Unterhälfte zu unterteilen, sondern die entstandenen Hälften noch einmal durchzuschneiden. Dann könne er mehr verschiedene Leckereien ausprobieren, erklärte er mir.
Das fand ich klug. Ich dagegen beschmiere mir ein Brötchen mit dem, wonach mir gerade der Sinn steht, atme es ein und giere schon nach dem nächsten. Vorausgesetzt, man hat keine Gewichtsprobleme, ist das eine sehr gute Taktik: Man isst einfach so schnell, dass der Körper keine Chance hat, irgendwelche Sättigungssignale auszusenden und kann so ebenfalls eine Menge Leckereien ausprobieren.
Nachdem ich zwei Brötchen vertilgt hatte, fand mein Frühstückspartner, dass er eigentlich satt sei, aber sehr gern noch etwas naschen würde. Zum Beispiel ein halbes Brötchen. Ich erklärte mich bereit, die zweite Hälfte zu übernehmen. Er fragte mich, ob ich oben oder unten bevorzuge. Ich erklärte ihm, dass es mir egal sei. (Wenn man so schnell isst wie ich, ist es das wirklich.) Das konnte er sich nicht vorstellen, und er fragte noch einmal nach. Es war mir immer noch gleichgültig. Allerdings kam mir der Gedanke, dass ich die Nahrungsaufnahme beschleunigen könnte, wenn ich mich für eine Hälfte entschied, statt auf ihn zu warten.
Als ich gerade "Unten!" sagen wollte, erklärte er mir: "Also, ich möchte Dich ja nicht drängen, aber ich habe mir gerade überlegt, dass ich eigentlich lieber Unten mag, aber das ist ja nicht soviel, weil ich so ungleichmäßig durchgeschnitten habe. Ich bin zwar nicht mehr so sehr hungrig, aber doch mehr, als dass mir Unten reichen würde. Oben ist irgendwie fluffiger und fülliger und vermittelt mir den Eindruck, als wäre es etwas mehr. Könntest Du Dir trotzdem vorstellen, Unten zu nehmen? Ich weiß, das ist weniger, aber es sind ja noch genügend Brötchen da, und es würde Dir kein Schaden entstehen. Wenn Du immer noch Hunger hast, nimmst Du einfach noch eins. Andererseits - wenn Du natürlich lieber Oben haben willst, nehme ich auch gern Unten, weil ich das ja ohnehin viel lieber mag, und schneide stattdessen noch ein weiteres Brötchen an, von dem ich Dir dann Unten geben würde, wenn Du willst. Was meinst Du?"
Ich habe nicht geanwortet. Ich konnte nicht antworten. Ich war ohnmächtig geworden, weil ich so lange nichts mehr gegessen hatte.

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