29 Dezember 2009

Der übliche Rückblick...

... gerät mir hoffentlich ähnlich wie "Die üblichen Weihnachtsgrüße", die ich mit herzlichen nachweihnachtlichen Wünschen an dieser Stelle noch einmal veröffentlicht habe für diejenigen, die mir durch den Mail-Verteiler gerutscht sind.

Jahresrückblicke orientieren sich ja in der Regel am politischen und/oder dem Weltgeschehen. Dem kann ich nur schwer, wenn überhaupt folgen, weil ich in Whausen fernseh- und radiofrei auf einem Baum wohne. Stattdessen werde ich die Whausener Großereignisse und meine diversen Läufe als Erinnerungsstütze heranziehen.

Wer sich fragt: "Where the hell ist Whausen?", bekommt die orakelnde Antwort: "Fast überall. Meins liegt zwischen Beckers Bester und dem Erdbeerhof."

Januar 2009: Eine dorfbekannte Kurstrainerin - nämlich ich - startet das neue Programm "Fit4Kids" und wird von 10 Drei- bis Fünfjährigen beiderlei Geschlechts überrannt. An anderen Arbeitsstätten herscht eine gewisse Grundnöhligkeit, weil noch nicht bis zum letzten Arbeitgeber vorgedrungen ist, dass Kommunikation und Wertschätzung wichtige Personalführungsinstrumente sind.
Arschkalt ist es außerdem: -27° maß das Nachbarthermometer in der kältesten Nacht. Ich habe kein Auto und friere mir wichtige Körperteile ab auf meiner Odyssee durch den Öffentlichen Personennahverkehr.
Auf Fuerteventura war es zwar wärmer, hat aber gegossen wie aus Kübeln, und seit meinem dortigen Aufenthalt füllte sich die wörtliche Übersetzung des Inselnamens, die "Starker Wind" lautet, mit Bedeutung. Mann, hatte ich schlechte Laune, als ich 18 Kilometer mit Gegenwind und gelegentlichem Platzregen durch die Sanddünen zwischen Costa Calma und Jandia gestapft bin!

Februar 2009: Die Kindergruppe hat sich reduziert und boykottiert meine akribischen Vorbereitungen der Stunde. Einer von uns sitzt immer schmollend in der Ecke, weil die anderen nicht richtig mitspielen. Ich trainiere wie verrückt für meinen ersten Halbmarathon und habe vorsichtigen Kontakt zu einem unregelmäßig-regelmäßig mein Leben durcheinanderbringenden Abschnittsgefährten.
Vor allem aber habe ich wieder ein Auto und sehr schnell vergessen, wieviele Strecken man problemlos zu Fuß zurücklegen kann. Daher schließe ich mich den allgemeinen dörflichen Gepflogenheiten an und fahre zum Sportplatz. Das sind immerhin mehr al 500 m!

März 2009: 10-km-Lauf als Test für den Halbmarathon und angesichts einer gemeinen Berg- und Talstrecke, Mistwetter plus Orientierungslosigkeit eine recht ordentliche Zeit. Habe meinen späteren Halbmarathonpartner abgehängt. Der Abschnittspartner ist depressiv und deswegen nicht gekommen, ich bin euphorisch, eine Kombination, die sich durch mehrere Monate ziehen wird wie ein Hubba Bubba mit Erdbeergeschmack.

April 2009: Whausen schmückt sich mit Baumeiern und sieht - trotz zeitweisem Schietwetter - frühlingshaft bunt aus. Ich vollende die erste Hälfte meines Lebens (wenn alles gut läuft) und meinen ersten Halbmarathon. (Was war ich froh, dass ich nach zwei Runden rechts abbiegen und Erdinger Alkoholfrei trinken durfte und nicht noch zwei weitere Runden weiterlaufen musste!) Es war der zweitschönste Lauf meines bisherigen Lebens. An dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an meinen Laufpartner! Sauna mit Blick aufs Meer war auch sehr schön.
Danach war mir für längere Zeit langweilig.

Mai 2009: Es ist abwechselnd nass und heiss, ich denke so um mich rum, laufe viel zu wenig und verstecke mein Auto im Nachbardorf, damit ich endlich - wie geplant - mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre. Blöderweise habe ich nicht schnell genug vergessen, wo es steht, das Auto...

Juni 2009: Altstadtlauf Göttingen. Ich habe mir extra neue Rennschuhe besorgt. In Whausen bereitet man sich auf das große Musikfest vor. Der Musikverein hat Jubiläum, und überall hängen Fähnchen und stehen Birken in Eimern. Sieht hübsch aus.
Trotz einiger Kilo Übergewicht (Die entstanden sind, weil ich mein Auto eben nicht gut genug versteckt habe.) bin ich mit meiner Zeit halbwegs zufrieden. Außerdem stehen haufenweise nette Menschen an der Strecke und jubeln. Das macht glücklich. Der Abschnittspartner steht auch da, obwohl er eigentlich überhaupt keine Zeit gehabt hätte. Die Nachfeier fällt aus. War trotzdem nett.
Danach ist mir wieder für einige Zeit langweilig.

Juli 2009: Ich fange langsam an, mich auf den Urlaub zu freuen. An vielen Arbeitsstätten in Deutschland versagen Klimaanlagen und Geschäftsführer. Wir haben Wirtschaftskrise. In Whausen ist Sportfest, und ich übe mit der Damengymnastikabteilung wie besessen für eine Vorführung, darf am ersten Tag Bier zapfen und am zweiten Grillkram verkaufen, was selbst für eine Vegetarierin "Light" eine echte mentale Herausforderung ist. Nach Feierabend gehe ich schnell wieder zum Bierstand und messe auf dem Heimweg die Breite der Hauptstraße aus.
Abschnittspartner hat den Auftritt leider vergessen oder zuviel zu tun oder sowas. Aber alle Nachbarn sind da, und wir haben viel Spaß.

August 2009: Ich trainiere für den Halbmarathon in Zeven. Und fliege nach Kreta. Um dort viel bergauf zu laufen, am Strand zu liegen, literweise Raki und Mythos in mich hineinzubefördern, viel blödes Zeug zu reden und noch mehr nette Menschen kennenzulernen, mit denen ich dann wieder viel blödes Zeug rede. Der Abschnittspartner ist nicht mehr da. Allerdings fehlt er nicht, und auf Kreta gibt es Wichtigeres.

September 2009: Ich begehe den einen oder anderen literarischen Auftragsmord mittels Wischmop und Schubsen in Fahrstuhlschächte und stelle fest, dass es doch noch doofe Blondinen gibt. Außerdem verliebe ich mich. Das ist schön und fühlt sich unglaublich gut an.
In Whausen ist Feuerwehrfest, ich messe im Anschluss an meinen Besuch beim Bierwagen eine andere Straße aus, liege viel auf meinem Balkon und sammle Kastanien. Außerdem muss ich beim Laufen immer quietschen, weil ich so glücklich bin.

Oktober 2009: Kein Halbmarathon. Bin zu verliebt und würde jede Minute bereuen, in der ich im Kreis renne, statt mit IHM zu ... Ich schreibe wie verrückt Liebesgedichte. In Whausen passiert nichts Besonderes.

November 2009: Bin nicht mehr verliebt, sondern traurig. Was aber nicht schlimm ist, weil ich jetzt traurige Liebesgedichte schreibe. und mich, wenn ich gerade nicht traurig bin, sehr darüber freue, verliebt gewesen zu sein. Der NaNoWriMo kann mich dieses Jahr nicht fesseln; die eine oder andere Idee ist jedoch schriftlich festgehalten worden. Ich lasse mich fotografieren und stelle fest, dass ich mich recht gut gehalten habe während der letzten 10 Jahre. Whausen rüstet sich für die Vorweihnachtszeit. Ich auch.
Ich lerne viel über Kommunikation und Paranoia (u.a. im Rahmen meiner Prüfungsvorbereitungen) und gegen Ende des Monats pinkelt mir eine hässliche kleine Promenadenmischung ans Bein. Ich trete nicht zurück, sondern schaue mitleidig auf das struppige Biest hinab.

Dezember 2009: Weihnachtsfeier der Damengymnastikabteilung. Glühwein hätte etwas mehr da sein können, der war unglaublich lecker. Ich bekomme ein hochinteressantes Angebot und nehme es gern an. Und weiß spätestens jetzt, dass alles zu etwas gut ist. Oder anders: "Wenn Dir das Schicksal eine Tür zuschlägt, macht es woanders ein Fenster auf." Ich halte zwei Lesungen, die sehr viel Spaß machen. Habe ruhige Weihnachtstage und schaue mir dabei zu, wie ich aufgrund meines exzessiven Kekskonsums langsam die Form verliere. Und melde mich (nicht nur deswegen) zu meinem ersten Marathon an.

Zusammenfassung: Irgendwie kommt alles, was ich in die Welt schicke, wieder zu mir zurück. Das ist einerseits beruhigend, weil ich weiß, dass ich meine Zukunft gestalte, andererseits finde ich es beängstigend, weil mich auch das, was ich unbewusst versende, wiederfinden wird.
Ich habe seit Samstag mein Armband wieder um. Und noch keinen einzigen wechselfreien Tag geschafft! Wobei ich mich nicht beschwere oder klage; das war noch nie meine Sache. Aber ich lästere so unglaublich gern! Und das ist böse. Das tut man nicht. Man sollte den Menschen immer ins Gesicht sagen, was man von ihnen denkt.
Hm.
Ich verschiebe das auf nächstes Jahr und verspreche Ihnen und Euch, dass ich mit sehr viel Kraft versuchen werde, mich zu bemühen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen