16 August 2011

Bericht aus Whausen - 7. Tag

Bekanntlich ist ja der Blinde unter den Einäugigen König. Ich habe mich drei Wochen lang unter Blinden herumgetrieben (die meiner Ansicht nach über-,weil überhaupt bezahlten "Fachkräfte" rechne ich mit) und fand mich ziemlich weit vorn. Ich hatte kein Korsett an, brauchte keine Gehhilfen und habe nicht nach der ersten 720-Meter-Runde halb kotzend über dem Brückengeländer gehangen. Ich wollte immer noch eine Runde mehr, trotz Starkregen!
Ehrlich, ich bin gewalkt, als gälte es mein Leben!
In meiner Verzweiflung hätte ich sogar mit Stöckchenziehen angefangen, wenn man mich gelassen hätte. Aber es gab urlaubs- oder vorschriftsbedingt keine Einweisungstermine mehr; und als ich dann nach zwei Wochen dem ersten Anfängerinnenstöckchenziehen als Zuschauerin beiwohnen durfte, habe ich spontan beschlossen, dass ich ebensogut ganz normal gehen kann. Und will.

Heute, eine Woche später, befinde ich mich wieder unter Sehenden. Jetzt bin ich das halbblinde Weichei, das beim Tragen der Brötchentüte schwächelt, Ergometerfahren bei 75 Watt für das Nonplusultra hält und gehenderweise Andere, Glückliche beim Laufen auf dem Lauf-, nicht Gehband beobachtet.

Aber ich wäre ja nicht zu all meinen Lizenzen und einem Diplom gekommen, wenn ich nicht wüsste, wie man kreativ bescheißt!

Daher habe ich die Muskelbude für mich als uninteressant und unökologisch (wegen der langen Anfahrt) definiert und gehe jetzt in der Nähe des größten Seniorenheims spazieren, das es in meiner Nähe gibt. Bei voller Besetzung wohnen dort ca. 800 ältere Menschen, die nicht besonders gut zu Fuß und damit viel, viel langsamer
sind als ich!

Da macht das Gehen wieder Spaß, und ich fühle mich fast so, als wäre ich sportlich.

Und die Moral von der Geschicht': Es ist alles nur in Deinem Kopf... Oder im Altersheim.

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