23 Dezember 2011

Senile Bettflucht statt Jahresrückblick

Ja, jetzt ist es soweit: Während andere Menschen noch auf der Jagd nach Geschenken durch überfüllte Geschäfte taumeln, am Bratwurst- und Glühweinstand größere Mengen schwerverdienten Geldes ausgeben oder schon einmal den schönsten Stau für die Weihnachtsreise suchen, liege ich im Bett, mehr oder weniger selig schlummernd. Geweckt wurde ich um kurz nach Mitternacht vom Gedanken an das, was vor dem verlängerten Wochenende noch zu erledigen ist.
Nach viermal Hin- und Herdrehen habe ich aufgegeben und meinen seltsamerweise gut erholten Körper aus dem Bett bewegt.
Eigentlich könnte ich jetzt die Wohnung putzen, dann ist das schonmal erledigt. Aber möglicherweise schlafen meine Vermieter noch und könnten sich von "Apocalyptica plays Metallica" und meinem Staubsauger gestört fühlen.

Ich könnte auch den traditionellen "Randbemerkungen-Jahresrückblick" schreiben. Aber dann bekomme ich möglicherweise Depressionen, und das würde meinem Bedürfnis nach einem schönen Freitag entgegenwirken. Ganz davon abgesehen, dass ich mich an vieles nicht erinnern kann (was entweder mit beginnender Demenz oder Gerstensaftmissbrauch zu tun hat).

Obwohl... Einen kurzen Rückblick könnte ich doch versuchen und mich dabei auf die kleinen Wunder konzentrieren. Also: Vor ziemlich genau sechs Monaten lag ich dauerheulend in einem Krankenhausbett, war der festen Überzeugung, dass mein Leben, wie ich es liebe und kenne, zuende ist und versuchte verzweifelt zu verstehen, warum das niemand verstanden hat und woher die Menschen all diese albernen Allgemeinplätze und RatSCHLÄGE nehmen, wenn sie mit dem Häufchen Elend vor ihnen nichts Besseres anzufangen wissen.
Der nächste Schritt war ein kurzer Spaziergang im Flur, bis zum Fenster. Und das waren garantiert mindestens 15 Meter!
Den Weg bis gestern spare ich mir. Wichtig ist nur, dass ich gestern knappe 10 Kilometer gelaufen bin. GELAUFEN!!! GERANNT sogar zwischendrin. Dabei gegrinst habe wie die gleichnamige Katze aus Alice im Wunderland.

Okay, die Feuerwehrchallenge habe ich von meiner To-Do-Liste gestrichen. Aber der Halbmarathon steht wieder drauf. Fragen Sie mich nächstes Jahr im August danach.

Ich bin immer noch oft traurig, denke viel an diejenigen, die in diesem Jahr gegangen sind und verstecke mich hin und wieder unter meinem Tisch. Aber gleichgültig, was noch kommen mag, solange ich dabei laufen darf, kann ich es aushalten!

Zum Schluss eine Bitte an die Besserwissenden und Wohlmeinenden: Ja, Ihr habt mir vor einem halben Jahr prophezeit, dass es genau so werden würde! Trotzdem: Empathie ist in der Regel hilfreicher als Durchhalteparolen; eine Schulter und ein schlichtes "Ja, ich fühle mit Dir!" trösten mehr als der Hinweis darauf, dass es anderen noch schlechter geht. Das nächste Häufchen Elend, mit dem Ihr zu tun bekommt, wird es Euch danken.

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