01 März 2017

Verbrecherische Aktivitäten

Heute würde sie es tun. Sie war entschlossen, fühlte sich mutig und durchsetzungsfähig und wusste, dass es morgen schon ganz anders sein könnte. 
Nach dem Weckerklingeln sprang sie sofort aus dem Bett, duschte, kleidete sich an und nahm ein ausgiebiges Frühstück zu sich. Normalerweise frühstückte sie nie, aber heute würde sie ihre ganze Kraft brauchen.

Dann überprüfte sie noch einmal, ob sie an alles gedacht hatte und verließ das Haus. Es fühlte sich für einen Moment so an, als würde sie nicht zurückkehren.
Sie benutzte öffentliche Verkehrsmittel, denn ihr Auto könnte den Eindruck erwecken, dass sie diese Tat nicht nötig hätte. Und es konnte ja immer sein, dass zufällig jemand aus dem Fenster schaute und sie sah, wie sie ausstieg. Sie hatte alles sorgfältig geplant, und dieser Schritt gehörte dazu.

Während die Straßenbahn von Station zu Station fuhr, rasten die Gedanken in ihrem Kopf. Natürlich erinnerte sie sich nur allzu gut daran, wie es beim letzten Mal gewesen war. Es hätte nur noch gefehlt, dass man Hunde auf sie gehetzt oder die Security gerufen hätte. Diese Blicke, als sie gefragt wurde, welche Gründe sie für ihr Tun vorzubringen und ob sie sich das wirklich gut überlegt hätte! Noch heute wurde ihr abwechselnd heiß und kalt bei der Erinnerung. Wie hatte sie sich geschämt! Damals hatte sie sich geschworen, so etwas nie wieder zu tun. 
Aber was nützte es? Sie brauchte das Geld, und sie sah keine andere Möglichkeit, es zu bekommen.

Sie stieg zwei Stationen zu früh aus, aber sie brauchte noch etwas frische Luft, bevor sie zur Tat schritt. 
Doch auch der Fußmarsch brachte sie irgendwann an ihr Ziel. Sie atmete tief durch, nahm all ihren Mut zusammen, zog die Baseballkappe tief ins Gesicht, senkte den Kopf und betrat die Bank. Dann steuerte sie zielstrebig auf den einzigen freien Schalter zu, sah den Bankangestellten mit festem Blick an und griff in ihre Tasche, während sie sagte: "Ich möchte mein Sparkonto auflösen."


Vielen Dank nach Hannover für die Inspiration und die Erinnerung daran, wie es ist, sich wie ein Bankräuber zu fühlen, weil man sein Konto auflösen möchte! ;-)

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