29 Juni 2008

Aufräumarbeiten

Ich war sortiert.
Ich habe sortiert.
Manchmal hat man mich sortiert.

Später wurde ich aussortiert.
Jetzt bin ich unsortiert.
Aber ich habe aufgeräumt.

26 Juni 2008

Ein Anderer

Du berührst meine Seele,
gehst spazieren inmitten meiner Gedanken.
Pflückst Blumen in meinem geheimen Garten,
erntest die frischen Früchte meiner Erneuerung.

Du erreichst mein Inneres,
findest die Tiefen meiner Gefühle.
Trinkst Wasser aus meinem verborgenen Brunnen,
spazierst auf meinen neu angelegten Wegen.

Ich lerne Dich kennen,
taste mich vor auf fremdem Gebiet.
Vertraue mich einem neuen Gefühl an,
schaue Dir in die Augen und sehe...

Tauschgeschäfte

Ich habe viel getauscht in letzter Zeit:
Angst gegen Zuversicht,
Tränen gegen Gelächter,
Schwermut gegen Leichtigkeit,
Verzweiflung gegen Glück,
Vergangenheit gegen Zukunft,
Flucht gegen Liebe.

Befreiend war der letzte Tausch:
Du bist fort.
Mein Leben habe ich zurück.

Männertypen: Einsamer Cowboy, Typ II

Ich bin nicht viel herumgekommen in letzter Zeit und konnte daher auch keine Inspirationen sammeln bezüglich der vor längerem angekündigten Männertypen.
Aber Glückes Geschick - manche Menschen muss man gar nicht suchen, sie sind irgendwie auf einmal da. Und so durfte ich die Bekanntschaft des "Einsamen Cowboys, Typ II" machen. Gemeinsam mit dem Einsamen Cowboy ist sein scheues Verhalten. Während dieser (Die Beschreibung habe ich noch einmal ans Ende gestellt.) allerdings sein Verhalten offensiv auslebt und weibliche Wesen nur als Nebenrolle in seinem Leben duldet, kommt Typ II fast als Frauenversteher daher. Auf den ersten Blick ist er ein Glücksgriff für jede partnersuchende Dame: Er kocht, wäscht und hat ein sauberes Bad. Neugierig geworden, wirft frau einen weiteren Blick auf dieses Prachtexemplar und stellt fest, dass er auch aus der Nähe betrachtet wie ein Sechser im Lotto erscheint. Er spricht, er ist zärtlich und einfühlsam, höchst emanzipiert und gleichzeitig Gentleman. Jede Frau, die auch nur halbwegs bei Sinnen ist, greift jetzt zu.
Und sollte entweder einen guten Zahnarzt oder ein intaktes Gebiss haben, denn am Einsamen Cowboy, Typ II wird sie sich die Zähne ausbeissen. Dieser ist eben nur auf den ersten Blick beziehungskompatibel. Spätestens wenn die Dame die ersten völlig überzogenen Forderungen wie "Ruf mich doch ab und zu aus eigenem Antrieb an!" oder "Ich würde gern in zwei Monaten mit Dir in Urlaub fahren." stellt, bekommt er Angst, wirft sich auf sein Pferd und verschwindet für längere Zeit im Outback. Ohne Telefon.
Und während seine Partnerin sich die Augen aus dem Kopf weint und sehnsüchtig nach ihm Ausschau hält, geht er angeln oder jagen und verbringt seine Tage und Nächte in trauter Zweisamkeit mit seinem inneren Selbst.
Irgendwann kehrt er dann zurück, und das Spiel beginnt von Neuem.
Der Einsame Cowboy, Typ II ist also nur für Frauen zu empfehlen, die eine gehörige Portion Leidensfähigkeit und ausreichende Mengen an Taschentüchern in die Beziehung mitbringen. Seine Flucht ins Outback wird in regelmäßigen Abständen stattfinden, und die Dame seines Herzens wird jedesmal einsam zurückbleiben und sich fragen, wie sie seinen Bedürfnissen gerecht werden kann.
Ich würde diesen Typ Mann mit einem scheuen Rehbock vergleichen: Er hat wunderschöne, treue Augen, lässt sich mit viel Glück vielleicht einmal kurz streicheln und tritt dann in langen, eleganten Sätzen die Flucht an. Ihm wirklich nahe zu kommen ist unmöglich.
Und so rate ich allen Frauen, die gemeinsam mit ihrem Liebsten in den Sonnenuntergang reiten wollen, statt ihm nur hinterherzusehen: Nehmen Sie Ihr Pferd und flüchten Sie! SOFORT!

Zur Erinnerung: Der Einsame Cowboy.

Ab heute werde ich in loser Folge verschiedene Charaktertypen vorstellen, wie ich sie aus eigener Anschauung kenne. Möglicherweise gibt es diese Charaktere sowohl in männlicher als auch in weiblicher Ausprägung; ich möchte mich hier nur mit der männlichen beschäftigen.
Übereinstimmungen mit lebenden Personen sind zwar nicht beabsichtigt, sollen aber auch nicht zwanghaft verhindert werden. Eventuelles Gemöhre sich betroffen Fühlender kann gern als Kommentar hinterlassen werden. Ich bin in höchstem Maße lernwillig und nicht bereit, eine eventuell vorhandene Unfähigkeit meinerseits als Naturgesetz und unveränderbares Schicksal hinzunehmen.
Und natürlich bin ich noch immer polemisch. Erstens scheint es zur Zeit meine bevorzugte Sichtweise auf den Lauf der Welt im Allgemeinen und mein Leben im Besonderen zu sein, zweitens macht es mehr Spaß als sinnloses Gejammer über Zustände, die ICH nicht ändern kann, und drittens bin ich vor nicht allzu langer Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass Passivität, Pessimismus und Wehklagen sehr gut zusammenpassen, Polemik aber eher in den Bereich Optimismus, Aggressivität im positiven Sinne und Aktivität gehört.


Also:
Der einsame Cowboy.

Dieses recht scheue Exemplar der Gattung Mann tritt, wie der Name bereits sagt, in der Regel allein auf. Ein Leben im Rudel oder im Familienverband ist ihm verhasst. Manchmal tarnt er sich zwar als Familienmensch, wird dann aber selten in der gemeinsamen Höhle gesichtet, sondern hält sich so weit wie möglich ausserhalb auf.
Ein weiteres Merkmal des einsamen Cowboys ist sein sehr schwach ausgeprägter Kommunikationsdrang. Er spricht zwar, aber nie über sich, sondern eher über Politik, die Weltwirtschaft oder die Bundesliga. Auskünfte über sich selbst, seine Befindlichkeit und seine Gefühlslage erteilt er nur unter Zwang und selbst dann eher sporadisch.

Vor einigen Jahrzehnten wurde der einsame Cowboy oft und gern in Filmen gezeigt, in denen er sich entweder für den besten Kumpel, die gute Sache oder ein Pferd opferte. Manchmal opferte er auch sein Pferd. Wortlos. Frauen spielen im Leben dieses Exemplars nur eine untergeordnete Rolle. In filmischer Darstellung sind sie die hysterischen Zicken, die "Bleib bei mir!" kreischen und sich in Bauchlage an seinen Fußknöcheln festklammern, in der Realität sind es Frauen mit einem nahezu unglaublichen Optimismus und Durchhaltevermögen (ich bezeichne es auch gern als sträfliche Blödheit), die auch nach Jahren der Schweigsamkeit noch immer glauben, ihn zum Reden bringen zu können, anstatt ihre Zeit sinnvoll zu nutzen, zum Beispiel mit der Lektüre eines guten Buches.

Der einsame Cowboy unseres modernen Zeitalters ist häufig ein Workoholic, der entweder einen so ineffektiven Arbeitsrhythmus kultiviert hat oder nicht in der Lage ist zu delegieren, dass er deshalb regelmäßig Überstunden und Wochenendarbeit ansetzen muss. Beobachtet man ihn jedoch genauer, wird man feststellen, dass diese Mehrarbeit eher den Grund hat, sich jeder Kommunikation, die über Small-Talk hinausgeht, zu entziehen aus Angst, man könnte ihn fragen, wie es ihm geht.
Dieses Exemplar leidet häufig an Magengeschwüren, raucht und säuft und erliegt noch im relativ jungen Alter einem Herzleiden.

Eine Unterart findet man manchmal in WGs, die dann den oben erwähnten Familienverband ersetzen. Diese einsamen Cowboys scheinen auf den ersten Blick sehr sozialisiert, sie machen den Haushalt, kochen und helfen älteren Menschen über die Straße. Das ist jedoch ein klassisches Tarnverhalten. Sie suggerieren damit Beziehungskompatibilität, oft locken sie so auch ein Weibchen an, und weil sie sehr viel reden, merkt die Betroffene erst sehr spät, dass sie eigentlich nichts sagen.
Da diese Art sich aber durch ein ansonsten eher gesundheitsorientiertes Verhalten auszeichnet, ist die Wahrscheinlichkeit eines frühen Todes eher gering. Man darf sich allerdings die Frage stellen, ob das Alter für den einsamen Cowboy egal welcher Unterart sehr viel Freude bereithält. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihren Lebensabend einsam in einer Höhle verbringen und nur durch den Konsum weicher Drogen das eine oder andere Endorphin produzieren können, ist leider relativ hoch.

Allerdings muss ich zugestehen, dass die Gefühlswelt des einsamen Cowboys nur sehr unzureichend erforscht ist, da er flüchtet, sobald ihm eine Frage in dieser Richtung gestellt wird. Wir sind also nach wie vor auf das Beobachten seines Verhaltens angewiesen. Alle Annahmen, die sich mit seinem Seelenleben beschäftigen, sind reine Spekulation.

24 Juni 2008

Ein weiblicher Fahrradrowdy beim Gedankenwandern

Kürzlich wurde ich gefragt, was ich denn genommen hätte, als ich einen meiner beiden Viertelmond-Posts geschrieben habe. Nichts ausser Riesling übrigens.

Auch heute hätte man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geargwöhnt, dass ich manisch, auf EPO oder sonstwie bedrogt bin. Möglicherweise macht eine breit grinsende Person, die sehr schnell auf dem Fahrrad unterwegs ist, Vorwegfahrende anbrüllt: "Ich überhole rechts!!!" und sich nach erfolgreichem Überholvorgang (Das Aas hatte mich vorher mit einem blöden 5-Gang-Herrenrad an der Ampel abgehängt! Unsympath! Elender Medizinstudent!) in stiller Freude selbst den Mittelfinger zeigt, einen leicht manischen Eindruck. Aber besser manisch als depressiv, oder? Und vor allem: Besser schnelles als meditatives Radfahren, finde ich.

Inzwischen entdecke ich nämlich den Fahrrad-Rowdy in mir. Gibt es das auch in weiblicher Form? Egal. Es macht mir Spaß, irgendwelche Schnarchtatzen, die die gesamte Breite des Radweges einnehmen, auf der Straße zu überholen, um dann kurz vor ihnen wieder mit Schwung auf den Radweg zurückzukehren. Oder dösige Fußgängerinnen anzubrüllen, die mehr mit Näschenpudern als mit Gucken beschäftigt sind. Heute ist so eine junge Dame mir fast vors Fahrrad gelaufen, weil sie mitten auf der Straße mit dem Blick ins Puderspiegelchen beschäftigt war. Nach meiner geräuschvollen Vollbremsung schaute sie mich mit diesem albernen Kindchenblick an, der für einen normalbegabten Herren wahrscheinlich ausreicht und ihn umgehend mit ihrem Verhalten versöhnt, vorausgesetzt, er darf ihr auch noch kurz auf den Busen schauen. ICH bin aber kein Kerl, also habe ich ihr zugerufen, dass Augen nicht nur zum Schminken gut sind. Das tat gut. Ich HASSE Kindchenblicke bei erwachsenen Frauen! Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum die meisten Frauen immer noch weniger verdienen als die meisten Männer.

Wie bin ich denn jetzt darauf gekommen?

Aber wenn ich schonmal dabei bin: Auch wenn ich die Quelle nicht mehr nennen kann, so stand doch kürzlich bei Google-News zu lesen, das es laut einer Untersuchung in Deutschland immer noch sehr wenig Frauen in Führungspositionen gibt. Das wissen wir ja, und das liegt vielleicht daran, dass wir nicht so tolldreist wie die Ackermänner dieses Landes sind oder nicht bereit, für den Manager und Vorgestzten unseres Vertrauens eine Adduktorendehnung in Rückenlage durchzuführen, um weiterzukommen.
Was mich mehr erstaunt hat, war der Hinweis darauf, dass Frauen im Durchschnitt einen wesentlich besseren Studienabschluss vorweisen können, Männer aber den größeren Prozentsatz der Professuren und Forschungsstellen innehaben. Wahrscheinlich haben die Jungs schon verhandelt, als wir noch über unseren Haus- und Seminararbeiten gesessen haben.
Was mich nicht erstaunt hat, war die Tatsache, dass unser geliebtes VATERland auch in diesem Bereich eher rückständig ist und unter anderem von Frankreich, Schweden, Dänemark, Norwegen, Niederlande, ... längst abgehängt wurde. Vielleicht sollten sich Frau Merkel und Frau Von der Leyen weniger um ihr neues Outfit und günstige Flüge und mehr um ihre Geschlechtsgenossinnen kümmern?
Oder wir machen es (perfekte Optik vorausgesetzt) so wie Carla Bruni: Wir suchen uns einen herumstreunenden Präsidenten oder sonst ein hohes Tier, lassen ihn diesen Zettel unterschreiben, auf dem steht, dass er im Falle des Misserfolgs eine Menge Geld loswird und machen ihn zum Affen, indem wir leise Liedchen hauchen, Pressemeldungen lancieren oder in Interviews viel dummes Zeug reden.

Ich hätte da andere Ideen. Die sind allerdings recht radikal und blutrünstig und gehören nicht hierher. Falls aber jemand zuhause die eine oder andere Axt, eine ausgemusterte Kalaschnikow und ein paar funktionstüchtige Handgranaten findet und mir kostenfrei zur Verfügung stellt, erzähle ich in ein paar Tagen gern, wie es war.

Jetzt kann ich auch einen eleganten Schlenker zu Vorratsdatenspeicherung und Internetbespitzelung machen: Liebe Herren vom BKA, hochverehrter Herr Schäuble, das war ein Witz! In Nicht-Geheimdienstkreisen nennt man das Satire. Falls Sie also gerade das WWW nach Stichwörtern wie .... absuchen: ICH WARS NICHT! Ich war heute viel auf dem Fahrrad unterwegs und habe besagte Schnarchtatzen erschreckt. Ich bin harmlos. Meistens. Falls Sie jedoch zu einer anderen Ansicht kommen sollten, würde ich bitte gern mein Laptop und meinen MP3-Player mitnehmen. Und meine Laufschuhe. Den Flexi-Bar und die Yogamatte. Mein Tagebuch und meinen Denkstift. Bücher natürlich auch. Gibt es dort, wo Sie mich hinbringen wollen, ein Laufband und Kurzhanteln in ausreichender Zahl? Oder hätte ich zum Training gar keine Zeit, weil ich psychogefoltert werde? (Aber das gibt es ja in Deutschland gar nicht. Statt Folter haben wir Chancengleichheit.)

Bevor man mich jetzt als gefährlich, weil völlig ausser Kontrolle einstuft und an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelt, höre ich lieber auf. Oder schreibe ein Gedicht über zwitschernde Vögel und vogelfressende, vögelnde Katzen. Oder über die türkische Nationalmannschaft. Was reimt sich auf Altintop? Oder auf Rüstü Recber? Wie wäre es mit Emre Belözoglu?

Gute Nacht, viel Spaß beim Vogelkonzert und der Vorfreude auf morgen. Da ist nämlich Mittwoch, ffn schneidet die Woche durch, meine KollegInnen im Fitnessclub machen Bergfrühstück (der Gipfel ist erreicht, nur noch der Abstieg in Richtung Wochenende ist zu erledigen), und ich werde

MICH INS ALTE ECK SETZEN UND MIR DAS HALBFINALE ANSEHEN!

Auch das gehört zu meinem frischangezogenen, farbigen, neuen Gefühl: Sinnlos, aber spaßig.

Who's crying now?

...singt Randy Crawford. Ich denke, es weinen immer nur die, die sich noch berühren lassen vom Leben.
Menschen, die es mehr mit der Betäubung halten, haben es möglicherweise verlernt.
Menschen, die andere zum Weinen bringen, durften diesen sehr, sehr nahe kommen.
Menschen, die glücklich sind, weinen.
Menschen weinen bei einer Hochzeit. Einer Beerdigung. Einer Taufe. Beim Gewinn der Weltmeisterschaft. Beim Abschied. Beim Sex.

Ich habe viel geweint in letzter Zeit. Viel zu oft habe ich mich verzweifelt dagegen gewehrt, manchmal jedoch habe ich meine Tränen liebevoll verabschiedet, ihnen manchmal auch versonnen hinterhergeschaut, während sie irgendwo vertrocknet sind.
Die Tränen, die ich heute weine, gelten einem alten Gefühl, das mir zu klein geworden ist.
Und auch, wenn ich dankbar für jedes Gefühl bin, hätte ich jetzt gern ein wenig Gelächter.
Ein paar gute Witze vielleicht.
Ich möchte einem Gegenüber in strahlende, lebendige, offene und erstaunte Augen schauen.
Ein Lächeln verschenken ohne Angst, dass es sich in zusammengepresste Lippen verwandelt.
Ich werde nach ein paar Gefühlen Ausschau halten, die mir gewachsen sind und die auch meiner Energie standhalten, ohne zu reissen.

Lieber Xenos, ich werde jetzt das Bad der Illusionen und seine trügerische Wärme verlassen und mich wieder zurückwerfen ins Leben! Und wenn ich dabei ab und zu unter eine kalte Dusche gerate, werde ich das Prickeln genießen.

21 Juni 2008

Enttäuschung

Ent-Täuschung.

Ich bin getäuscht worden.
Ich habe mich getäuscht.
Man hat mich getäuscht.

Jetzt bin ich enttäuscht.
Habe auch ich enttäuscht?
Oder hat man nur mich enttäuscht?
Endlich hat die Täuschung ein Ende.

Wenn aber die Täuschung zuende ist,
was steht am Anfang?

19 Juni 2008

Das Kompletter-Nationalmannschaftskadergedicht

Jens Lehmann steht im deutschen Tor
wenn's schlecht läuft, liegt er auch davor.
Die Nummer zwei heisst Robert Enke,
doch der war bisher arbeitslos.
Auch René Adler legt, ich denke,
Handschuh und Hände in den Schoß.

Herr Friedrich soll Ronaldo stoppen,
wird unterstützt durch Clemens Fritz.
Wir hoffen, dass die neuen Noppen
nicht rund sind, sondern eher spitz.
Dann wäre da noch Marcell Jansen,
von Bayern - muss man sich nicht ansehen.

Weiter geht's mit Philipp Lahm,
Verteidiger der Aussenbahn.
Und Mertesackers Per bleibt fair
und zuständig für Innenwehr.
Metzelder war einst Ministrant,
jetzt spielt er Abwehr, Gott sei Dank!

Dann gibt es Heiko Westermann,
mit dem ich nichts verbinden kann.
Der Schönste jedoch im ganzen Land
ist Ballack, durch Werbung wohlbekannt!
Zu Tim Borowski ist zu sagen:
Er geht nach Bayern - keine Fragen!

Der Spieler namens Thorsten Frings
hat Rippenschmerzen unten links.
Und Thomas Hitzlsperger spielt
heut' mit, doch spielt er auch gezielt?
Odonkor ist ein guter Mann,
der Schnellste, wie man lesen kann.

Herrn Simon Rolfes kenn' ich nicht.
Wo ist der Exklusivbericht?
Und Basti Schweinsteiger ist mir
bekannt als "Schweini", nicht viel mehr.
Dann ist da Pjotr Trochowski -
stammt der aus Polen, oder wie?

Und Mario Gomez klingt nach Spanien.
Wo sind die Jungs aus Transsylvanien?
Den Klose fand ich früher toll,
als Münchner ist er grauenvoll.
Kuranyi ist nett anzusehn,
sein Spiel zur Zeit ist nicht sehr schön.

Ist Oliver Neuville im Sturm,
fangen die Bayern an zu murr'n.
Doch Poldi zwickts am großen Zeh,
wer bleibt im Angriff uns, oh weh?
Der Jogi kann es heut nicht richten,
der sitzt bei Angie
und erzählt Geschichten.

Alles wird ... anders?

Ich zitiere Herrn Grönemeyer. Wobei der ja gesagt hat, dass alles anders bleibt. Kann man interpretieren. Kann man aber auch lassen. Seit "Anna Blume" denke ich, dass Interpretation fremder Ergüsse nichts ist als Glückssache. Und natürlich auch ein wenig intellektuelle Eierschaukelei.

Was ich mit "Alles wird ... anders" meine, ist die Rückkehr zu altem Namen und "Ur-Blog", das Löschen des jüngsten Versuchs "Ein Jahr zu Fuß" und das neue Foto. Was den Namen betrifft, so ist die Überlegung, dass La Guapa netter klingt als The Wanderer nicht auf meinem Mist gewachsen. Herzlichen Dank an den Traumzauberer für Kritik und Anregung! Du siehst, dass ich durchaus in der Lage bin, konstruktive Kritik auch umzusetzen. Manchmal... Und dann denke ich zwar immer noch um mich herum, während ich von A nach B laufe oder fahre, bin aber erstens im Zweifel, ob die Ergebnisse einen weiteren Blog rechtfertigen und könnte mir zweitens inzwischen sehr gut vorstellen, den gehenden Zustand länger als nur ein Jahr beizubehalten.

Das dazu. Jetzt werde ich mich allerdings den wesentlichen Dingen des Lebens widmen: Dem heutigen 4. Schicksalsspiel der Deutschen Nationalmannschaft innerhalb von knapp 2 Wochen. Das Projektziel lautet wie folgt:

  1. Herausfinden, wer alles zur Mannschaft gehört.
  2. Für jeden Namen einen möglichst passenden Zweizeiler verfassen.
  3. Mit dem künstlerisch wertvollen Ergebnis von Jürgen Klinsmann als Obermotivatorin entdeckt und nach Bayern München gerufen werden, um dann dort subversiv tätig zu werden und dafür zu sorgen, dass diese von mir meistgehasste Mannschaft von allen noch vor Ende des Jahres zweitklassig wird.
  4. Mich an den PC setzen und den Bestseller "Wie ich die Bayern zerstörte" schreiben.

Und los gehts!

14 Juni 2008

Ereignisreiche Tage werfen Schatten um sich herum

Selbstverständlich spreche ich hier von der EM - wovon sonst? Eine Woche nach dem Eröffnungsspiel (Das war doch letzten Samstag?) stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Wir, das ist Deutschland. Wir haben Scheisse gespielt am Donnerstag gegen Kroatien. So sagt man das natürlich nicht, sondern lieber:

Löw sagt, dass die Enttäuschung sehr tief sitze und bis heute anhalte. Die Niederlage sei gerechtfertigt gewesen. Deutschland habe seine drei, vier Grundprinzipien nicht abrufen können. Das Tempo sei nicht aufgenommen worden, die Mannschaft habe sich einlullen lassen. Man sei nicht in der Lage gewesen, das Tempo zu erhöhen. Man habe keine flachen Pässe in die Spitze gespielt. Nach Ballverlusten sei Deutschland nicht in der Lage gewesen, die Organisation aufrechtzuerhalten. Das Spiel müsse gründlich aufgearbeitet werden. Man werde gemeinsam nach den Gründen forschen. Die Mannschaft habe nicht ihr wahres Gesicht gezeigt. (Welt online, 13.06.08)


Schauen wir doch mal:

Die Enttäuschung sitzt tief und hält bis heute an. (Heute ist übrigens Gestern, genauer gesagt, 13.06., 12.35 Uhr, Pressekonferenz.) Wir können daraus schließen, dass Joachim Löw über ein akzeptables Kurzzeitgedächtnis verfügt. Logisch, ein Demenzkranker dürfte uns natürlich nicht trainieren!

Die Niederlage sei gerechtfertigt gewesen, weil wir unsere drei, vier Grundprinzipien nicht abrufen konnten.
Ich spekuliere mal ein wenig über unsere Grundprinzipien:
  1. Laufen, wenn ein Ball in Sicht ist, und zwar nach Möglichkeit auf diesen zu mit dem festen Willen, ihn irgendwie zwischen die Füße zu bekommen.
  2. Je nachdem, wo auf dem Spielfeld wir uns befinden, laufen wir dann zusammen mit dem Ball auf das gegnerische Tor zu mit dem Ziel, das Runde ins Eckige zu befördern.
  3. Wir haben uns lieb und geben den Ball auch einmal ab, wenn jemand besser steht oder läuft.
  4. All das (Grundprinzip 4) tun wir in dem Bewusstsein, dass zuhause ein Haufen Menschen schwarzrotgoldene Fähnchen schwenkt und das Nationalbewusstsein vom Titelgewinn abhängig macht.
Das Tempo sei nicht aufgenommen worden. Ja, welcher Idiot hat denn auch das Tempo fallen lassen? Und wessen Tempo war das?

Man habe keine flachen Pässe in die Spitze gespielt. ...sondern stattdessen hohe nach hinten? Sie merken, ich bin zwar mit all meinem Herzblut dabei, aber ich habe überhaupt keine Ahnung, wovon ich spreche. Braucht irgendein Sender eine neue Sportreporterin? Ich erfülle alle Kriterien!

Das Spiel müsse gründlich aufgearbeitet werden. Man werde
gemeinsam nach den Gründen forschen. Das stelle ich mir jetzt als eine Art gruppentherapeutische Veranstaltung vor.

"Du, Schweini, warum hast Du am Schluss den Kroaten umgetreten? Auf einmal warst Du weg, und gegen die Ösis darfst Du jetzt auch nicht mitspielen. Das finde ich schon nicht so gut."
"Yogi, das tut mir ja so leid." weint leise ins neue Trikot. "Ich habe der Mannschaft keinen Dienst erwiesen, und wenn Ihr es gegen Österreich schafft, werde ich alles wieder gutmachen!"
"Jens, hättest Du den Ball nicht festhalten können?"
"Ach, menno, immer soll ich schuld sein! Die doofe Presse hackt auf mir rum, keiner mag mich, und jetzt fängst Du auch noch an!"
schluchzt hemmungslos.
"Ist ja gut, ich habe doch nur gefragt. War nicht böse gemeint!"
"Herr Lehmann, was ist das für ein Gefühl, wenn man danebengreift." fragt der mitgereiste Psychotherapeut.
Schluchzt immer noch.
"Ich möchte jetzt, dass Ihr Euch alle an die Nase fasst! Ich mache das auch."
Gepresstes Atmen im Raum.
"Das habe ich nämlich auf der Pressekonferenz versprochen. Und ich habe auch gesagt, dass Ihr kein Gras fressen müsst."
"Danke, Yogi, danke!" rufen 23 Spieler und strahlen.
"Und wir werden auch weiterhin nett zueinander sein."
"Nehmen Sie bitte eine bequeme Haltung ein." sagt der Therapeut mit leiser, beruhigender Stimme.
"Dürfen wir unsere Nasen wieder loslassen?" fragt Poldi laut.
"Wenn Sie jetzt die Augen schließen, visualisieren Sie den Moment, in dem Sie den Pokal entgegennehmen. Wie fühlen Sie sich?"
"Was ist visualisieren?" fragt Poldi laut.

Phillip Lahm hat während seiner Trance herausgefunden, dass die Mannschaft keinen Urlaub macht, sondern hart arbeitet. "Wir machen keinen Urlaub!" ruft er laut in die Stille. "NEIN! NEIN! NEIN!" ruft es zurück, und alle springen auf, recken die Fäuste und treten gegen imaginäre Bälle.
Der mitgereiste Psychotherapeut verlässt leise den Raum.

Ich bin sicher, alles wird gut. Cordoba ist lange her, und nur die Menschen, die sich an Magnum, Higgins und die Jungs erinnern, werden wissen, dass die Stadt Cordoba am 21.06.1978 als der Ort der größten Schmach in die Fußballannalen eingegangen ist. Dort nämlich hat während der WM die österreichische Nationalmannschaft in einem beispiellosen Kraftakt und obwohl für sie die WM bereits beendet war, das Wunder gegen die damals noch BR Deutschland heissende Mannschaft vollbracht.

Zur Einstimmung auf Montagabend hier noch einmal der Originalkommentar von Edi Finger sen. in Worten:

”…und jetzt kann Sara sich noch einen aussichtslos scheinenden Ball hereinholen, Paß nach links herüber, es gibt Befall für ihn. Da kommt Krankl, vorbei diesmal an seinem Bewacher, ist im Strafraum, zieht ab, Schuss, Tor! Tor! Tor! Tor! Tor! Tor! I werd narrisch! Krankl schießt ein, 3:2 für Österreich! Meine Damen und Herren, wir fallen uns um den Hals, der Kollege Riffl, der Diplomingenieur Posch, wir busseln uns ab. 3:2 für Österreich durch ein großartiges Tor unseres Krankl. Er hat alles überspielt, meine Damen und Herren, und warten’s noch ein bisserl, warten’s noch ein bisserl, dann können wir uns vielleicht ein Vierterl genehmigen…” (http://www.c78.at/die-wm-1978/)
Ich glaube an uns. Ganz ehrlich.

12 Juni 2008

Regengedanken nach Verlust der möglichen Europameisterschaft

Es regnet. Die Natur braucht das, sagte mir mein Biogemüseundobstlieferant heute nachmittag und tat sich zusammen mit Sozialpartner, Erzeugerin und Landwirtschaftspressereferent. Also ist jetzt ja alles gut, denn es regnet. Anders ausgedrückt: Es kübelt. So sehr, dass ich mich frage, warum ich letzte Woche meine Dachfenster geputzt habe.

Ob ich über das Wetter reden will? Auch. Aber auch über den grauenhaften Tag an sich. Für mich war er grauenhaft, weil ich erst den Weg aus meinem Bett nicht gefunden und mich dann, nachdem ich draussen war, gefragt habe, warum ich den Weg hinaus denn eigentlich finden wollte. Das, was ich heute getan habe, hätte ich auch im Bett tun können.
Irgendwann im Laufe des Nachmittags haben dann die Töchter meiner Vermieter geflaggt (ich hoffe jedenfalls, dass es die Töchter waren und nicht die bis dato in meiner Skala der denkenden Menschen sehr weit oben stehenden Vermieter), es hat angefangen zu regnen, und ich habe mich gefragt, wozu dieser Tag gut sein könnte. Zwei Filme kann ich immerhin vorweisen: "Confessions of a dangerous mind", einer dieser sehr intelligenten, aber überhaupt nicht fesselnden Filme, die von oder mit George Clooney gemacht wurden und bei denen man wunderbar Finger- oder Fußnägel bearbeiten kann; außerdem "Hotel New Hampshire", ein wundervoller Film, der mich ein Taschentuch und sehr viel Nachdenken gekostet hat. Einer der wenigen Filme übrigens, der einerseits der noch viel wundervolleren Vorlage überhaupt nicht gerecht wird, aber trotzdem wundervoll ist.

Über dem Film habe ich vergessen, dass ich eigentlich umtriebig sein sollte. Man kommt ja schließlich zu nichts, wenn man nicht umtriebig ist.

Bin aber zu müde zum umtriebig sein. Bin sogar zu müde, um die Umtriebigkeit trotzig zu verweigern.

Es regnet. Das geht mir fürchterlich auf die Nerven. Es ist arschkalt, ich finde Regen doof, jedenfalls tagsüber, und ich friere. Immerhin habe ich noch vor drei Tagen die Balkonflucht angetreten, weil es sogar um 21.00 Uhr zu warm war. Jetzt habe ich alle Fenster und Türen zu, weil es zu kalt ist. Und das macht mich missgestimmt und müde.
Natürlich gibt es auch einen Haufen anderer Dinge, die mich missgestimmt und müde machen (Die Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gehört übrigens nicht dazu, wohl aber die der griechischen!), doch das wollen Sie ganz sicher nicht wissen.

Vor mir (und meinen arbeitenden LeidensgenossInnen) liegen ein Freitag im Regen, ein laut Wetterbericht ebenfalls verregnetes Wochenende mit einem Spiel Griechenland gegen Weißnicht und der Wochenbeginn. Das ist nicht spannend. Aber wir könnten uns ja auf Deutschland gegen Österreich vorbereiten. Da sind wir übrigens auch vor ein paar Jahren schon einmal einmarschiert. Richtig genommen, sind wir mehrmals einmarschiert: Das erste Mal mit Hakenkreuzen, das zweite Mal als Urlauber und seit einiger Zeit als Gastarbeiter. Möglicherweise mögen die uns auch nicht.

Ich gehe sicherheitshalber schlafen; da kann ich wenigstens niemandem auf die Füße treten, egal, welcher Nationalität.

Übrigens wollen die Polen jetzt unseren Poldi ausbürgern - wussten Sie das schon? Und was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?

10 Juni 2008

Fußball-EM, Deutschland : Polen

Ja, ich habe einem Fußballspiel auf Großbild-TV beigewohnt! Nein, ich habe es nicht so richtig freiwillig getan, aber das Beste daraus machen können: Einen Fußballpost, Besichtigung der örtlichen Gastronomie, Unterstützung der lokalen Wirtschaft (Zugegeben, unterstützt hat eigentlich der Liebste, denn er hat bezahlt. Aber wenn ich nicht soviel getrunken hätte, wäre die Unterstützung wesentlich geringer ausgefallen.) und Vertiefung der Beziehungen zu Nachbarn und Sportverein.

Und damit niemand behaupten kann, ich hätte das Spiel gar nicht gesehen, sondern mich nur mit den angebotenen Brauereiprodukten beschäftigt - hier ist meine persönliche Mitschrift:


1. Halbzeit

Podolski hat in der ? Minute das erste Tor geschossen. Wurde auch Zeit, nachdem unsere gehässigen polnischen Nachbarn fiese Schlagzeilen und Bilder von abgehackten Stürmerköpfen gezeigt haben! Ich persönlich finde ja, dass die Polen wirklich böse waren. Gestern noch sind sie in Deutschland als Erntehelfer eingefallen, haben arg- und rückgratlosen ALG-II-Empfängern die Jobs in Spargel- und Erdbeerfeldern weggenommen, und jetzt wollen sie uns, ihren ehemaligen Arbeitgebern, die Köpfe abhacken! Reichen denn all die geklauten Autos nicht? "Drei Polen sitzen im Auto. Wer fährt? ... Die Polizei." Was bilden die sich ein?
Ich jedenfalls bin mir meiner Vaterlandsunterstützerinnenpflicht bewusst und sitze mit meinem zweiten Veltins im Alten Eck. Jatzeck Chinoweck (oder so ähnlich) hat erstens laut geliebtem Sozialpartner einen Bombenschuss und zweitens gerade Ballack umgetreten. Was meine Mutter, die Ballack nicht leiden kann, freuen wird.
Kurzes Aufstöhnen und Luftanhalten im Alten Eck. Ist aber nichts passiert. Was bringt wohl einen erwachsenen Menschen dazu, ein Podolsky-Shirt anzuziehen (Die Dinger sollen übrigens um die 100 € kosten, wurde mir erzählt.) und sich eine Deutschlandfahne auf die Wange zu malen?

Ich höre gerade, dass die deutschen Spieler momentan sehr tief stehen. Ja, seit wann sind denn Schaufeln auf dem Platz erlaubt? Nur gegen Polen, weil man da ohne Schützengräben überhaupt nicht weiterkommt? Allerdings sehe ich auch niemanden buddeln. Da muss etwas anderes gemeint sein, was sich meiner Wahrnehmung bisher entzogen hat.
Clemens Fritz hatte eine Chance. Wer, zum Teufel, ist Clemens Fritz?
"Vielleicht das beste EM-Spiel bisher." sagt der Kommentator. Klar doch, Deutschland spielt ja auch mit!

Weiteres kollektives Gemurmel. Irgendjemand muss den Ball getroffen haben. Ich gehe kurz an die frische Luft.

Als ich zurückkomme, ist Fritz schwer am Pumpen. Das sei bei dem Laufpensum aber kein Wunder, sagt der Kommentator.
Recht hat er! Nach einem ordentlichen Laufpensum pumpe ich auch. Mir schaut allerdings keine Sau dabei zu.

2. Halbzeit

Gerade habe ich gelernt, dass man als Mittelfeldspieler viel mehr laufen muss als als Stürmer.
Zur Sekunde geht Clemens Fritz, und Schweini kommt. Jetzt wird alles gut. Erstens ist Schweini frisch blondiert, und zweitens können sich die Polen warm anziehen, wenn Yogi Schweini und Poldi gemeinsam in den Kampf schickt.

Neben mir sagt ein sehr junger Mann, er sei fix und foxi. Ob er Fix und Foxy wohl noch kennt? Immerhin gab es die noch lange vor Magnum.

Ein Herr Levandowsky hat gerade Podolsky umgetreten und dann gespuckt. In der BBS II in Göttingen gibt es Schilder, auf denen in Polnisch, Türkisch, Russisch, Arabisch und Deutsch steht, dass nicht gespuckt werden darf. Die können sie jetzt wohl abhängen. Wenn Herr Levandowsky spuckt, darf das auch ein halbwüchsiger Hauptschüler mit Migrationshintergrund.

Yogi ist gegen Ende doll aufgeregt. Schweini hat gerade Gelb gesehen.

72. Minute: Poldi hat das 2:0 geschossen. Alles ist gut.

Ob sich die Polen sehr darüber ärgern, dass sie von einem ehemaligen Landsmann abgewatscht wurden?

Meine Mutter fand übrigens, dass die Deutschen wie in Zeitlupe gelaufen wären und hat sich sehr über den Sieg gewundert. Aber die Frauen spielen sowieso viel besser. Sagt meine Mutter.

07 Juni 2008

Zunehmend ist er, der Viertelmond!

Ich habe den Mond gegoogelt. Nach einigen naturwissenschaftlichen Fehlclicks bin ich bei einem Mondkalender gelandet, der mir ausserdem noch verraten hat, dass ich mein Gewicht halte, wenn ich ca. 3200 kcal. pro Tag zu mir nehme und bei allem darunter abnehme. Meinen Süßigkeitenkonsum sollte ich unter 320 kcal. pro Tag halten, was 60 g Moccaschokolade entspricht, die ich sowieso nicht mag. Möglicherweise enthielten die drei Kugeln Eis in der Waffel und der Erdbeerbecher (ohne Schlagsahne, aber mit einer Extra-Kugel gegen 10 Cent Aufpreis) mehr als 320 kcal.
Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich seit heute früh 5.00 Uhr mehr oder weniger ununterbrochen auf meinen Beinen stehe, ein extensives Intervalltraining absolviert habe und mit dem Fahrrad zu meiner 13 km entfernt residierenden Friseurin gefahren bin. Und selbstverständlich sind wir zum Eisessen ebenfalls 5 km gelaufen. Auf dem Hinweg war mir ein wenig kodderig (wahrscheinlich wegen des extrem hohen Kohlenhydrateverbrauchs während der letzten Tage), nach dem Eis, einer Cola Light und einer Bionade ging es mir allerdings großartig. Nicht ayurvedisch korrekt, aber in äußerst angenehmer Gesellschaft.

Viertelmond also. Er nimmt zu. Ich auch. Das stellte ich gestern schon fest.

Egal, mit welcher Figur er daherkommt, ich habe eine besondere Beziehung zum Mond. Im Tarot steht die Karte "Der Mond" übrigens für das Unbewusste.
Das erste Mal, dass ich mich bewusst mit diesem ganz besonderen Planeten auseinandergesetzt habe, erinnere ich im Sommer 1996, als ich darauf wartete, mein ägyptisches Abenteuer zu starten. Ich habe sehr oft in den Himmel geschaut und den Mond gefragt, ob ich das Richtige tue.
Später dann, ich war in Ägypten angekommen, hatte die Ehepapiere unterschrieben und mit meinem ägyptischen Ehemann einen fürchterlichen Griff ins Clo getan (Das passiert ja erfahrungsgemäß häufiger, wenn mensch der großen Liebe über den Weg zu laufen glaubt und sich nicht die Zeit nimmt, darüber nachzudenken, wie die große Liebe überhaupt funktionieren soll.), zählte ich das Ab- und Zunehmen des Mondes, weil ich mit jedem Vollmond meiner Wohnung in Deutschland näher kam. Das habe ich natürlich meinem ägyptischen Ehemann nicht erzählt... Außerdem hatte ich das Gefühl, wenn ich einen Mond anschaue, den ich auch zuhause hatte sehen können, näher am Fortgehen zu sein.

Besonders schön ist der Mond über Kreta, genaugenommen über der Hafenmole von Agia Galini, wenn man sich auf den Rücken legt, den Zeigefinger in den Himmel streckt und die Unendlichkeit spürt. Bei ruhiger See spiegelt sich der Mond im Wasser und lässt es silbern glänzen.

Heute ist er links von mir, der Viertelmond. Das liegt daran, dass ich etwas früher dran bin als gestern und außerdem die Stühle getauscht habe. Ich sitze sozusagen meinem Geist gegenüber, vorausgesetzt, er (der Geist) ist gestern abend auf dem Balkon sitzen geblieben und nicht mit mir ins Bett gekommen.

Wenn ich den Mond anschaue, fühle ich mich tatsächlich meinem Unbewussten näher. Im Crowley-Tarot wird der Mond dargestellt als Eingang, bewacht von zwei Türmen mit ägyptischen Gottheiten davor. Ganz unten ist ein Skarabäus, angestrahlt von einem Licht, dessen Herkunft nur die kennen dürften, die ihrem Unbewussten nahe sind.

Ein später Vogel zwitschert den Mond an.

Und mir fällt ein, dass ich heute nachmittag eine Widmung gelesen habe, die ich unbedingt verwursten muss, bevor ich vergessen habe, dass ich das tun wollte. Auch der sehr leckere portugiesische Vinho Verde könnte mich an klaren Gedankengängen hindern, wenn ich mich nicht beeile mit dem Denken.

Bis gleich.


Die Widmung

Heute habe ich in meinem Liegestuhl auf dem Balkon fläzend und mich sehr entspannt fühlend einen Thriller angefangen zu lesen. Die Autorin heisst Karen Rose, ihr Buch "Todesschrei", und in ihrer Danksagung zu Beginn schreibt sie:
Gewidmet (...) Und wie immer meinem geliebten Mann Martin. Jeden Tag bereicherst Du das Dasein Deiner Schüler, indem Du die Geschichte mit Deiner einzigartigen Kombination von Leidenschaft, Klugheit und beißendem Witz zum Leben erweckst. Ihretwegen habe ich mich vor fünfundzwanzig Jahren in Dich verliebt. Ob Du Dich nun als Kleopatra verkleidest, die Unabhängigkeitserklärung mit Hilfe von 80er-Jahre-Rockvideos demonstrierst (...) Du inspirierst mich. Ich liebe Dich.
Ich war berührt, und ich habe die eine oder andere Träne aus meinen Augen verabschiedet. Da schreibt jemand ein Buch und macht im Vorwort dem Partner eine Liebeserklärung. Eine Liebeserklärung, die voller Humor, Wertschätzung und Liebe ist. Eine Liebeserklärung, die auch nach 25 Jahren des Zusammenlebens noch immer von tiefen Gefühlen zeugt.

Es gab einmal eine Zeit, da hätte ich eine ähnliche Liebeserklärung gemacht, wenn ich den Mut gefunden hätte, mein Buch zuende zu schreiben, an einen Verlag zu schicken und die Erlaubnis erhalten hätte, es jemandem zu widmen. Ich hätte von gemeinsamem Lachen geschrieben, von wortlosem Verständnis, von Unkonventionalität und dem festen, gegenseitigen Glauben aneinander. Ich hätte Mut haben müssen. Das ist lange her. Der Roman ist fertig, zwar noch ohne Verlag (aber das wird kommen), und er ist Frauen gewidmet, die ich (noch) nicht kenne. Auch diese Widmung ist voller Liebe und Wertschätzung:

Was will Anna?

Anna fasst in Worte, was viele Frauen im Herzen und in der Seele haben.

Anna tut, was viele Frauen heimlich tun.

Anna mordet, wo viele Frauen morden wollten.

Anna tötet sich selbst, wo andere Frauen glauben, an ihren Depressionen zu ersticken.

Anna ist eine Frau, die eigentlich ist wie wir alle: Eine Frau, die sich nicht traut, „Nein!“ zu sagen, eine Frau, die in einer Patchwork-Familie aufgewachsen ist und in einer Single-Wohnung lebt, eine Frau mit einem ganz normalen Lebenslauf.

Trotzdem ist Annas Leben eskaliert. Sie wurde zur Mörderin und hat sich am Ende selbst getötet.

Anna will keine leichte Kost sein, Anna will aus der Seele sprechen.

Anna will, dass Sie dies alles lesen, die Augen schließen und sagen: „Ja! Ich kann Dich fühlen, ich kann Dich sehen, und ich kann verstehen, warum Du getan hast, was Du getan hast!“

Die Männer in Annas Leben könnten ebenso gut die Männer im Leben jeder anderen Frau sein. Das, was in Annas Leben geschieht, erleben die meisten Frauen einmal, mehrmals, immer wieder in ihrem eigenen Leben.

Ich habe Anna geschrieben, weil ich zutiefst verletzt war, weil ich mich selbst misshandelt hatte und weil ich mich möglicherweise ohne dieses Ventil selbst getötet hätte. Vielleicht wäre ich auch ebenso verrückt geworden wie sie, und vielleicht hätte ich auch die Männer in meinem Leben getötet.

Ich habe es nicht getan. Ich habe stattdessen einen Roman geschrieben. Ich wünsche mir, dass Sie an Annas Schicksal teilhaben. Ich wünsche mir, dass Sie Verständnis für Anna aufbringen werden und damit auch für sich selbst.

Ich würde mich freuen, wenn Sie das Buch am Ende zuklappen und sagen: „Ja, Anna spricht mir aus der Seele!“


Auch das ist eine schöne Widmung, wie ich finde, und trotzdem macht es mich ein wenig traurig, dass ich etwas Ähnliches wie Karen Rose nicht schreiben kann. Wie muss es sein, einen Menschen an der Seite zu haben, immer, einen Menschen, mit dem man lachen, fröhlich sein, leben kann, einen Menschen, in dessen Liebe man sich sicher fühlt; so sicher es eben geht, einen Menschen, der möglicherweise sogar Gedanken lesen kann und will, der seine Bedürfnisse auch einmal zurückstellt, um sein Gegenüber glücklich zu machen, einen Menschen, dem man nach 25 Jahren solch eine Widmung schreiben kann?

Ich wünsche Karen Rose von ganzem Herzen, dass ihre Widmung kein leeres PR-Geschwafel ist nach dem Motto "Und ruf mich unbedingt an!", sondern dass sie ihren Mann wirklich liebt.


06 Juni 2008

3 Möglichkeiten, Spaß zu haben

Unter meinem Balkon
haben Katzen
wilden Sex.
Sie fauchen
sie brüllen,
sie krallen.

Im Giebel
haben Vögel
ein Nest.
Sie piepsen,
sie flattern,
sie singen.

In meinem Leben
habe ich
viel Spaß.
Ich schlafe,
ich träume,
ich wache auf.

Viertelmond

Der Wind steht ungünstig. Das gleichförmige Brummen der Autobahn ist heute besonders laut. Die kleinen Fliegen waren besonders hartnäckig und sehr erfolgreich mit ihren Angriffen auf meine Atemwege. Die Wolken flogen im Eiltempo über den Himmel.
Der Mond ist Viertel. Mir ist bewusst, dass dieser Ausdruck mein Schicksal als grammatikalischer Krüppel besiegelt. Andererseits - der Mond ist Viertel. Ob er zu- oder abnehmen will, kann ich nicht sagen. Mein Tipp wäre: Er ist zunehmend. Bin ich nämlich auch. Und ich ich weise Ähnlichkeiten mit dem Mond auf, jedenfalls wenn es um mein aktuelles Körpergewicht geht.

Übrigens gibt es gute und schlechte Posts. Dies ist ein schlechter, und ich werde ihn schnellstmöglich beenden und lieber gleich noch ein wenig polemisch werden. Vielleicht aber auch poetisch. Irgendetwas Kreatives jedenfalls, das von dem Wortabfall, den ich gerade produziert habe, etwas weiter entfernt ist.

Wirklich, heute schreibe ich nur Blödsinn. Dabei ging es mir den ganzen Tag über sehr gut. Ich bin gelaufen, im Gegenwind zur Arbeit gefahren, habe eine Stunde Kurs gegeben und dann mit zwei sehr netten Herren Kaffee getrunken.
Möglicherweise war die Luft im Fitnessclub nicht gut.
Vielleicht hat mich auch Irina erschöpft. Irina ist eine herzensgute, freundliche und angenehme Dame, die sich weigert, das zu tun, was ich sage, wenn ich es sage. Später tut sie es dann aber manchmal.
Eventuell hat mich auch die offensichtliche Verschwörung der unter 30-jährigen Kolleginnen negativ beeinflusst.
Oder hat mich das Glöckchen, dass ich in Ermangelung einer Trillerpfeife beim Zirkeltraining benutzt habe, irritiert? Immer, wenn ich es läutete, dachte ich "Bescherung!", was im Juni bei 25° Aussentemperatur recht blödsinnig ist.
Die Luft auf meinem Balkon jedenfalls ist gut - kühl und angenehm. Der Mond viertelt halbrechts von mir vor sich hin, und ich stelle wieder einmal fest, dass ich mir einfach nicht merken kann, wann er zunimmt und wann nicht. "War das Mädchen brav, bleibt der Bauch konkav, hat das Mädchen Sex, wird der Bauch konvex." Bezogen auf den Mond stellt sich jetzt die Frage: Ist er rechts- oder linkskonvex, oder auch: Wie sieht ein schwangerer Mond aus? Ich würde ihn ja gern fragen, aber möglicherweise verweigert er mir erbost die Antwort. Es heisst ja schließlich "DER" Mond, also kann er auch nicht schwanger sein, und rechts- oder linkskonvex interessiert ihn wahrscheinlich überhaupt nicht.

Merken Sie, dass ich immer noch schwafele? Irgendetwas in mir möchte unter die Leute. Dieses Etwas ist sehr klein und heisst "Wort". Manchmal bringt es ein paar Freunde mit, dann bilden sie zusammen einen Satz. Und wenn sie so richtig in Partystimmung sind, wird es sogar eine Geschichte.
Heute ist Wort allein. Es hätte ja auf die 750-Jahr-Feier im Nachbardorf gehen können, mit Autoscooter, Tanzboden und Bierbuden, aber es wollte lieber nach Hause, um anständigen Menschen mit seinen seltsamen Schöpfungen auf die Nerven zu gehen. Wort ist manchmal penetrant. Manchmal penetriert es auch. Sie nämlich.
Eben gerade allerdings hat es
auf eine sehr penetrante Weise mich penetriert, denn es hat mich dazu gezwungen, Schwachsinn abzusondern, ohne mir die Möglichkeit der Gegenwehr oder zumindest einer Erklärung zu lassen. Ursprünglich wollte ich nämlich etwas Schönes, Romantisches schreiben über den Viertelmond, den Sonnenuntergang und den schönen, kühlen, ruhigen Abend, der sich nur vom Brummen der Autobahn stören lässt. Stattdessen schreibe ich nur Worte. Blöd.
Wenn es wenigstens nur das eine Wort wäre, stünde für heute im Blog "WORT", und alles wäre gut. Jetzt steht hier irgendein absolut alberner Blödsinn, und Sie werden sehr enttäuscht sein, wenn Sie gleich feststellen, dass Sie sich bis zum Ende durchgekämpft haben für Nichts und wieder Nichts. Nur für Wort. Sinnloses Wort.

Tut mir leid.

Ich halte Wort jetzt besser fest.

Der Viertelmond ist inzwischen ein bisschen orange.

Haben Sie sich übrigens von der Überschrift ebenso täuschen lassen wie ich?

04 Juni 2008

Jetzt will er auch noch Fußball gucken!

Der von mir sehr geschätzte und geliebte Mensch, der nur am Wochenende Zeit hat, wird mich am kommenden Sonntag (Stand heute) besuchen kommen. Das freut mich. Weniger erfreut war ich über seine Ankündigung, dringend und unbedingt Deutschland:Polen um 20.45 Uhr im TV anschauen zu wollen. Eigentlich hätte ich lieber ein bißchen gevögelt.
Überhaupt... Haben die denn schon angefangen? Ist nächstes Wochenende schon EM? Die Beflaggung der Autos mit zumeist adipösen Fahrzeugführern lässt darauf schließen. Andererseits könnte es ja auch sein, dass im Wiglo Wunderland gerade Autofähnchen im Angebot sind und mann sie schnell am Tiefergelegten angebracht hat, damit die Farbe nicht so schnell verblasst. Fähnchen sind ja nie schlecht, immerhin zeigt man (und frau) damit Flagge. Die türkische habe ich übrigens heute auch gesehen. An einem Mercedes neueren Baujahres mit Göttinger Kennzeichen.

Wie auch immer. Der von mir sehr geschätzte und geliebte Mensch, der nur am Wochenende Zeit hat, will und muss Deutschland:Polen sehen. Ich weiß zwar immer noch nicht, ob das noch Vorbereitung, Eröffnungs- oder möglicherweise Endspiel ist, werde aber weisungsgemäß dafür sorgen, dass er in die Nähe eines Fernsehgerätes kommt.
Ich werde in der Zeit, in der 22 Menschen mit einem eher niedrig anzusetzenden IQ einem Ball hinterherrennen, um im Anschluß einem Menschen mit noch niedriger anzusetzendem IQ, der entweder Johannes B. Kerner, ? Beckmann oder ... heißt, dämliche Fragen noch dämlicher zu beantworten, laufen, lesen oder sonst etwas Sinnvolles tun. Irgendwann wird der von mir sehr geschätzte Mensch ja fertig sein mit Fußballgucken und anschließenden Interviews, und dann hätten wir noch ca. 2 Stunden gemeinsames Wochenende.

Wie lange dauert eigentlich diese EM? Eine oder zwei Wochen? Spielt Griechenland mit?

Übrigens gibt es eine Frauenzeitschrift, die "Neue Post" nämlich, die mitdenkt. Im Rezeptteil findet die interessierte und engagierte Hausfrau mehr oder weniger aufwendige Mahlzeiten, die sie dem fußballguckenden Sozialpartner und seinen grölenden Kumpels anreichen kann: Es gibt einen "Abseitsfallennudelsalat", eine "Elfmeterpizza", "Torjägermuffins" und diverse Blödsinnigkeiten mehr.

Ich werde mich auf jeden Fall als echte Patriotin erweisen und der EM den nötigen Platz in meinem Blog einräumen. Versprochen.

02 Juni 2008

Wochenende?

Es gibt da einen Menschen in meinem Leben, den ich normalerweise nur am Wochenende sehen kann. Er arbeitet. Ich arbeite. Er arbeitet irgendwie anders als ich. Ich arbeite anders als er. Wir haben unterschiedliche Berufe. Seiner ist voller Überraschungen, meinen kann ich selbst gestalten.
Aber ich will nichts über unterschiedliche Berufe erzählen, denn das sieht jeder und jede Berufene anders.
"Mein" Berufener, uups, nein, ich meinte, der Mensch in meinem Leben, den ich normalerweise nur am Wochenende sehen kann, hat manchmal das Wochenende frei. Nicht im Sommer allerdings, denn da warten neben den beruflichen Aufgaben auch noch die eine oder andere Hecke, wildwachsende Rasenstücke und was eben noch so kreucht und wächst in einem mitteleuropäischen Garten. Deswegen sehe ich den Menschen in meinem Leben während des Sommers nicht an jedem Wochenende, sondern nur dann, wenn der Garten eine kleine Wachstumspause einlegt. Der mir wertvolle und wichtige Mensch würde mich jetzt verbessern, wenn er könnte. Glücklicherweise kann er nicht, weil er ja die Hecke schneiden muss, und so darf ich weiter und weitgehend unbemerkt aus Herzenslust polemisieren, was ich sehr gern tue. Besonders im Sommer, wenn die Hecken wachsen.
Dieser mir besonders wichtige und wertvolle Mensch hat mich gerade gefragt, ob es in Ordnung wäre, wenn er am Wochenende noch einer Trainertätigkeit nachginge. Diese ehrenvolle und meines Wissens unbezahlte Aufgabe beinhaltet die Anwesenheit bei Wettkämpfen (am Wochenende), die Betreuung der Mannschaft (am Wochenende) und die jeweiligen Anfahrten zu Wettkampf oder Betreuung (am Wochenende).
Ich habe ihm gesagt, dass es ihm selbstverständlich freigestellt sei, an seinen Wochenenden zu tun, was er für wichtig, richtig und entspannend hält. Im Fall der Zusatzaufgabe, ehrenamtlich und ehrenvoll würde ich mir dann allerdings ebenfalls eine Aufgabe suchen: Einen Knackarsch männlichen Geschlechts mit freien Wochenenden, der mir meine einsamen Wochenenden versüßt.

Möglicherweise wird mir ein Durchschnittsmensch, der nur am Wochenende Zeit hat, jetzt Boshaftigkeit, Rachsucht, Promiskuität gar unterstellen. Recht hätte er!

Es wäre falsch, die einsamen Wochenenden mit einem x-beliebigen Lover zu verbringen, der keine Ahnung hat, wessen Platz er kurzfristig einnimmt. Richtig wäre es, dem geschätzten, geliebten und vermissten Menschen in meinem Leben, der nur am Wochenende Zeit hat, mit Anlauf in den Körperteil zu springen, der die Sonne nur sieht, wenn der geschätzte und geliebte Mensch auf dem Bauch liegt.

Mit Springerstiefeln.

Ich dichte, also bin ich

Vor langer Zeit hab' ich entschieden,
dass mein Leben Schreiben sei.
Ich fuhr ein Taxi, war zufrieden,
weil ich glaubte, ich sei frei.

Dann, eines Nachts, ich stand am Bahnhof,
war müde, hatte nichts verdient,
da schrie es in mir: "Bist Du doof?"
"Du bist zu Besserem bestimmt!"

"Studieren sollst Du, Zettel sammeln,
auf denen steht, dass Du was kannst.
Hör auf, ins Diktaphon zu stammeln,
züchte Dir lieber einen Wanst."

Und den bekam ich dann vom Sitzen,
vom Lernen, Essen, Diskutier'n.
Nur Mathe brachte mich zum Schwitzen,
denn das ging mir nicht ins Hirn.

Dann war ich Dipl. Ökonomin,
voll Stolz erhielt ich mein Diplom,
doch heute weiß ich nicht, wohin,
und frage mich: "Wo ist der Lohn?"

So habe ich vor kurzer Zeit
den Zettel abgehängt.
"Diplom" stand darauf, groß und breit,
doch alles in mir drängt:

"Schreibe, lebe, hab' den Mut,
nichts anderes zu tun.
Gib alles, auch des Herzens Blut,
für Deinen späten Ruhm!"

Undeinsundzweiunddreiundvier...

Wirklich, genau das denke ich erschreckend häufig, egal, ob gehend, laufend oder radfahrend! Und ich finde das einigermaßen beängstigend, zumal ich maximal bis acht zähle. Das mag daran liegen, dass ich als ehemalige Hoppse eben nur in 32er-Musikbögen rechnen kann, also in vier mal acht. Oder auch vier großen Einsen und vier kleinen. Oder aber in vier Mini-Choreographien. Genug. Ich könnte auch länger. Zählen, meine ich. Aber ich tue es nicht, aus welchen Gründen auch immer.
Dabei könnte ich ebensogut meinem Gehirn sagen, dass es die Klappe halten soll, wenn es ohnehin nichts zu sagen hat, und stattdessen ungestört den Vögeln zuhören. Oder den tiefergelegten Gölfen und Twingos, die mich mit entschieden zuwenig Sicherheitsabstand überholen, was ich immer erst im letzten Moment mitbekomme, weil ich unvorschriftsmäßig laut Musik höre, und mich deswegen jedesmal zu Tode erschrecke, wenn es an mir vorbeirast.
Dann höre ich übrigens auch kurz auf zu zählen und schimpfe wie der berühmte Rohrspatz. Diese Verkehrsrowdies
müssen doch sehen, dass ich nichts höre! Können die denn nicht langsam überholen?

Undeinsundzweiunddreiundvier...

Scooter brüllt mir ins Ohr. "Fuck the millenium" finden sie. Mir egal. Ist ja schließlich auch schon lange vorbei, und ich war zum berühmten Jahrtausendwechsel krank. Mein damaliger Sozialpartner und ich haben es damals gerade mal geschafft, unsere kranken Kadaver mit einer Piccoloflasche Sekt 50 Meter vom Haus weg zu bewegen. Dann haben wir mit dem Piccolo angestoßen, uns wegen der erneuten Ansteckungsgefahr nur kurz umarmt und sind wieder zurück ins Bett. Ich kann mich erinnern, dass mein PC am nächsten Tag anstandslos gearbeitet hat.

Undeinsundzweiunddreiundvier...

Die fünfbisacht spare ich mir, obwohl ich die
jedesmal mit aufsage. Auf meinem Weg in eine Richtung gibt es zwei Kälber. Die dürfen, nachdem sie in so einer Art Hundehütte ihre ersten Lebenswochen verbracht haben, inzwischen auf die Wiese. Nachdem sie meinen ersten Annäherungsversuchen eher Skepsis entgegenbrachten, lassen sie sich inzwischen streicheln und rubbeln mir ihre rauhen Zungen über die Hand und die Arme. Ich hoffe jedenfalls, dass sie es morgen wieder tun werden - heute habe ich sie nicht gesehen und bin ernsthaft in Sorge, dass sie nicht mehr "Kälbchen", sondern "Ragout" heissen. Ist mir ein Rätsel, wie man so ein Lebewesen umbringen, ausnehmen und kochen kann. Andererseits - auch in mir hat das eine oder andere kleine Tier sein unseliges Ende gefunden. Wenigstens kann ich stolz vermelden, dass ich ihnen jetzt nur noch das Futter wegfresse, und da sollte genug für uns alle da sein.

Heute bin ich knapp 60 km mit dem Fahrrad gefahren. Für vier Stunden Kurs, die ich gegeben habe, habe ich 2 Stunden und 15 Minuten im Sattel gesessen. Dafür hat es mich keinen Cent gekostet, und beim Passieren der Tankstelle, die Diesel für 1,46 und Super für 1,47 feilbot, fand ich auch meine Beine gar nicht mehr so schwer.

Undeinsundzweiunddreiundvier...

Übrigens kann ich inzwischen im Takt fahren, und bei Scooter erreiche ich problemlos eine Trittfrequenz von 90 Umdrehungen pro Minute. Sieht möglicherweise etwas gehetzt aus, macht aber Spaß. Vorausgesetzt, der tiefergelegte Twingo überholt mit sehr viel Abstand und sehr wenig Geräuschen.

Meine schweren Beine wollen ins Bett. Morgen erzähle ich vielleicht, warum ich soviel radfahre und laufe. Vielleicht.

Wie kam es zur Bewegtheit?

Es ist nicht "morgen", sondern eine Woche später. Seit langer Zeit sagt meine Waage nette Dinge, und deswegen mag ich sie wieder. Es besteht kein Grund, sie in der Gegend herumzutragen, damit sie ein besonders schmeichelhaftes Gewicht anzeigt, weil ich schmeichelhaft wiege.

Und das hat richtig genommen nur diesen einen Grund: Ich habe Blödsinn gemacht. Großen Blödsinn.
Wenn man Blödsinn macht, hat man zwei Möglichkeiten: Entweder beginnt man ein großes Jammern und Wehklagen und macht die ganze Welt dafür verantwortlich, oder man akzeptiert den Blödsinn und seine Folgen.

Ich habe beides kombiniert.

Als ich die Jammer- und Haderphase hinter mir hatte, konnte ich die Folgen meines Blödsinns sogar ein Stück weit genießen.

Ich bin jetzt seit zwei Monaten zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Zug unterwegs (auch hier kombiniere ich häufig). Es tut gut. Ich sehe Sterne, die ich früher nicht wahrgenommen habe. Ich schlucke Fliegen, denen ich früher das Leben gelassen hätte. Meine Oberschenkel und Waden nehmen einen Umfang an, den ich nur als "interessant" bezeichnen kann.

Ich denke. Manchmal sage ich mir auch nur "Undeinsundzweiunddreiundvier".

Beides bewegt mich.

Es gibt Erlebnisse, die wenden. Ich fühle mich gewendet, im besten Sinn. Und auch, wenn ich fürchterlich blöden Blödsinn gemacht habe, gehe ich gern. Ich bewege mich gern. Und ich glaube nicht, dass ich soviel Bewegung in mein Leben gebracht hätte, wenn ich nicht so unglaublich blöd gewesen wäre.

Also war es gut.

Und ich denke, dass alles zu etwas gut ist.

Heute hatte ich eine Menge Proteine. Ich habe Fliegen geschluckt mit jedem Atemzug.